Unsere Praxis ist so schwierig und wir sind so ungeduldig. Wir wünschen uns, dass diese "Montessori-Sache" schon längst gewirkt hätte. Wir hätten die Kinder gerne ein bisschen weniger kompliziert, nur ein ein bisschen voraussagbarer. Wenn das Rad nicht schnell genug rollt, versuchen wir es von neuem zu erfinden.
Wir sind so ungeduldig. Wir möchten, dass dieses "Montessori-Ding" jetzt sofort funktioniert.
Wenn man versucht, Marmor mit einem Presslufthammer zu meißeln, zerspringt er. Kinder sind kompliziert. Sie zu verstehn. auf sie einzugehen, ihnen zu dienen erfordert Zeit. Weil die Montessori-Methode darauf Rücksicht nimmt, erfordert sie Zeit.
Zeit und Geduld. Zwei Dinge die in unserer Gesellschaft oft zu kurz kommen und das in vielen Bereichen unseres Lebens. Aber ganz gewiß, fehlt sie oft in der Beziehung zu unseren Kinder. Vor Kurzem habe ich erst an einem kleinen Beispiel gezeigt, wieviel mehr Zeit wir als Eltern aufbringen müssen, wenn wir unsere Kinder zu Selbstständigkeit erziehen. Wenn wir ihnen zeigen, wie etwas funktioniert und sie es dann selbst tun möchten.
Es erfordert auch Geduld, dann nicht einzugreifen, wenn man meint keine Zeit mehr zu haben oder denkt, das Kind schafft es ohnehin nicht alleine.
Wissen Sie noch, was zu tun ist, nachdem Sie einem Kind eine Lektion übergeben haben? Beobachten Sie unaufdringlich. Hände weg. Das Material führt von selbst zu Korrekturen, wenn wir es zulassen. Das Kind lernt mehr aus seinen Fehlern als durch unser Eingreifen.
Wenn wie darauf bestehen, das Ganze noch einmal zu erklären, bevor das Kind die Chance gehabt hat, sich selbst zu berichtigen, nehmen wir ihm die Möglichkeit, getrennt von uns zu stehen. Wir bingrn ihm indirekt bei, dass es nicht gut genug sei, wenn es nicht genauso ist, wie wir es vorgeschrieben haben.
Wir säen die Angst, statt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wir meinen zwr, wir würden helfen, vermitteln aber eine ganz andere Lektion. Mit unserem Helfen haben wir dem Kind die Gelegenheit genommen, Selbstvertrauen zu erfahren.
- Das Tao von Montessori -
Natürlich werden dem Kind viele Dinge auf Anhieb vielleicht nicht gelingen. Mag es daran liegen, dass die Motorik noch nicht ganz ausgereift ist oder sich das Verständnis für Zusammenhänge noch entwickeln muss. Dies alles kann aber nur geschehen, wenn wir die Kinder üben lassen. Es werden vielleicht viele Versuche benötigt, das Kind wird dabei Gläser verschütten, vielleicht mehr Dreck machen als Ordnung beim Kehren, es landet mehr Müsli auf dem Tisch und dem Boden als im Kindermagen. Es wird dabei aber immer lernen! Und es wird ihm irgendwann auch gelingen! Aber alles benötigt seine Zeit und unsere Geduld! Es mag zunächst und ganz aktuell einfacher und leichter sein, wenn wir unser Kind z.B. mit dem Löffel füttern, es geht schneller, es landet kein Essen auf dem Boden oder nichts in den Haaren oder auf der Kleidung. Aber was lernt unser Kind dabei? Das es abhängig von uns ist? Das es nichts kann?
Selbstständigkeit zu erlernen, ist keine Sache, die plötzlich da ist. Sie muss sich entwickeln können und wir müssen unserem Kind dafür die Freihheit geben, sie entwickeln zu dürfen!
Aber wie schon zu Anfang geschrieben, daran scheitert es oft. Zeit und Geduld! Wir meinen, wir haben keine Zeit oder keine Geduld! Ja, auch ich denke oft, meine Geduld reicht niemals! Wir müssen es lernen! Wir müssen uns überlegen, wo verschwenden wir vielleicht Zeit in anderen Dingen unseres Lebens? Ist manches wirklich so wichtig wie es scheint?
Ja, das ist alles so eine Sache... alles nicht so einfach und Erfolge sieht man nie sofort! Aber wenn wir nicht direkt Erfolge sehen, woher wollen wir wissen, dass es funktioniert? Ein Kind zur Selbstständigkeit zu erziehen, ist immer der richtige Weg! Immer! Daher wird die "Montessori-Sache" auch funktionieren! Alles mit seiner Zeit! Alles hat seine Zeit und alles braucht seine Zeit!
So und wieso erzähle ich euch das alles überhaupt?! Weil ich so stolz bin auf meinen kleinen Mann! Weil er zwar schon lange alleine mit dem Löffel essen möchte, aber wir doch immer etwas Hilfestellung geben mussten bzw. von ihm gewünscht, auch helfen sollten. Nun durfte ich die letzten Tage beobachten, dass er ganz konzentriert sein Müsli löffelt und gestern war es soweit, er löffelte die komplette Schüssel alleine aus! Am Ende blieben noch zwei halbe Löffel übrig, die ich vom Rand der Schüssel kratzte und die er dann auch noch aufaß! Einfach so, klappte es plötzlich komplett alleine und es ging wirklich fast nichts daneben! Alles landete im Herzkind-Magen! Ich platze vor Stolz. Und genau deshalb schrieb ich heute diese Zeilen! Alles hat seine Zeit! Wir müssen nur Geduld haben!
Nein, das Bild hat null Bezug zum Text! Aber ganz ohne Bild? Dann lieber ein lustiges Bild der letzten Tage! Herzkind überfährt Teddy! Armer Teddy! :) |
Das hast du wieder mal so schön geschrieben! Ich freue mich, dass ich deinen Blog vor einer Weile zufällig entdeckt habe, denn ich lese und stöbere sehr gerne bei dir.
AntwortenLöschenMein Sohn ist ein paar Wochen jünger als deiner und hat seit etwa einer Woche das "Selberlöffeln" für sich entdeckt. Wir machen BLW und füttern ihn nur im Ausnahmefall mal. Besteck hat er seit längerem bei den Mahlzeiten griffbereit, bekommt manchmal auch befülltes Besteck gereicht und füttert sich dann selbst damit. Aber damit "geübt" hat er eigentlich nie.
Jetzt allerdings findet er es gerade super (sobald der größte Hunger mit den Händen direkt gestillt wurde) und versucht sich selbst am Löffeln und Aufpiksen, mit großer Begeisterung und richtigem Stolz.
Nun bekomme ich von meinem Joghurt zwar nur noch ein paar Löffelchen ab, aber ich werde ja durch ein glückliches Kind entschädigt. ;-) Den größten Teil des Joghurts teilen sich allerdings Tisch und Lätzchen. Ich bin schon gespannt, wann ich eine ähnliche Erfahrung wie du machen darf.
LG, nelle