Donnerstag, 16. Februar 2017

Unsere liebsten Vorlese-Bücher mit 4 Jahren

Wir lesen jeden Tag! Der Sohn mag es sehr vorgelesen zu bekommen und auch ich liebe es vorzulesen. Das vorlesen auch gut tut, habe ich schon in einem früheren Artikel beschrieben. Sind die Kinder noch kleiner sind es eher Bilderbücher, die man gemeinsam betrachtet oder sie enthalten maximal noch kleine Zweizeiler, die man vorlesen kann.
Nach und nach nimmt der Text zu und auch die Vorlesezeit, immer gepaart mit der höher werdenden Aufmerksamkeitsspanne der Kinder.
Mein Sohn war schon immer sehr ausdauernd beim Bilderbuch betrachten und später auch beim Durchschauen und Lesen von Sachbüchern.
Irgendwann mit drei Jahren bemerkte ich, dass diese Bücher für das abendliche Vorlesen nicht mehr geeignet waren. Sie laden noch zum Nachfragen ein. Klappen wollen nochmal geöffnet werden. Plötzlich ist das Ziel des Vorlesen, dass zur Nacht das Kind ruhiger wird und dann gemeinsam in den Schlaf gekuschelt wird, irgendwie verloren gegangen.
Andere Bücher mussten hier. Bücher mit Geschichten, denen man genau zuhört und lauscht, um nichts zu verpassen. Und der Sohn liebt es ganz dicht bei mir zu sein, die Bilder während des Vorlesens zu betrachten und darauf zu warten, was in der Geschichte als Nächstes passiert.

Im letzten Jahr haben sich so einige Vorlese-Bücher bei uns angesammelt, die wir gerne vor dem Schlafen zusammen lesen. Die Geschichten sind darin mal mehr, mal weniger lange. Manchmal lese ich eine Geschichte, manchmal mehrere hintereinander. Manchmal unterbreche ich auch in der Hälfte einer Geschichte und lese am nächsten Abend weiter. Der Sohn könnte gefühlt ewig zuhören, er schläft auch wirklich ganz, ganz selten beim Vorlesen ein. Deswegen muss ich auch irgendwann selbst den Schlußpunkt setzen und wünsche ihm dann eine Gute Nacht, knuddel und küsse ihn und wir legen uns zur Ruhe. Meist ist er dann innerhalb Minuten eingeschlafen. 
Ich liebe diese ruhigen und schönen Abendstunden, es ist ein schöner Ausklang des Tages, nochmal so nah beinander zu sein und gemeinsam den Tag zu beenden.

Die meisten unserer Bücher versuche ich vom Inhalt nicht zu abstrakt zu halten. Sie sollen einen Realitätsbezug haben, so dass es für den Sohn einfacher ist, den Inhalt der Geschichten auf das eigene Leben und Handeln zu beziehen und darüber nachzudenken zu können.
Ganz toll finde ich hier die Geschichten von Astrid Lindgren. Ich selbst habe sie als Kind nie gelesen und kannte sie nicht, außer das was ich im Fernsehen gesehen habe. Michel aus Lönneberga und Pippi Langstrumpf. Man kann sich sehr gut mit den Personen der Geschichten identifizieren bzw. sich fragen, wie hätte ich reagiert?

Zurzeit lesen wir Wir Kinder aus Bullerbü und Immer lustig in Bullerbü , die kleinen Geschichten sind wirklich sehr schön, aus Sicht von Lisa, eines der Kinder von Bullerbü geschrieben und erzählt im Grunde von Alltagsgeschehen. Nichts Ungewöhnliches, nichts Megaaufregendes. Aber ich glaube, dass macht diese Bücher aus, dass sie das beschreiben, was jedes Kind mit seinen Freunden oder Geschwistern erleben könnte.

Auch von Astrid Lingren sind die Geschichten von Lotta. Von Lotta, die alles kann. Behauptet sie jedenfalls... auch wenn sie weiß, sie kann es nicht. Aber sie will alles können. Wie auch ihre großen Geschwister und sie lässt sich dafür immer etwas einfallen. Sie lässt sich nicht entmutigen und will es können. Wir hatten dazu schon eine Geschichte in dem großen Weihnachtsbuch von Lindgren gelesen und nun das Buch Lotta kann Rad fahren .


Ebenfalls sehr gerne lesen wir Die kleine Birke . Es handelt hier von einer großen Buche, die ganz alleine da steht und sich einen weiteren Baum in ihrer Nähe wünscht. Irgendwann ist da die kleine Birke, die in ihrer Nähe wächst. Und die Buche erzählt ihr alles. Über die Jahreszeiten, über die Tiere in der Umgebung, über Naturereignisse, über die Menschen. Es ist eine schöne Geschichte, mit viel Sachwissen. Sowas mag ich gerne. Sie ist noch etwas lang, sie auf einmal zu lesen. Daher teile ich sie gerne auf zwei Abende auf. Nicht unerwähnt, möchte ich die wunderschönen Illustrationen in diesem Buch lassen. Traumhaft schön!


Hilfe für Mario wird sogar als Montessori-Bilderbuch beschrieben und verkörpert die Grundgedanken von Mario Montessori. Hilfe zur Selbsthilfe, Nächstenliebe, Vervollkommnung. Es wurde von dem Montessori Arbeitskreis Koblenz entwickelt und die Einnahmen werden komplett in die Förderung der Montessori-Pädagogik genutzt. Ich finde das Büchlein wirklich sehr gelungen und die Emotionen darin finde ich sehr gut beschrieben, der Sohn fiebert richtig mit dem kleinen Schildkröten mit.



Am Ende habe ich ein eher ungewöhnliche Buchempfehlung, die nicht so ganz zu den anderen Empfehlungen passt. Es geht um den kleine Drache Kokosnuss . Durch Zufall lasen wir einmal eine der Geschichten und seit dem liebt der Sohn die Abenteuer des kleinen Drachen. Er weiß, dass diese Geschichten nicht echt sind und das es eben auch keine Dracheninsel gibt. Aber ich glaube, genau das gefällt dem Sohn auch so sehr dabei. Drachen. Eine Fantasiewelt und trotzdem ist da Freundschaft, Familie und Werte die vermittelt werden. Der kleine Drache Kokosnuss ist immer offen und freundlich zu allen, er ist aufgeschlossen und gibt nicht viel auf Vorurteile oder Ängste von Anderen. Er will alles lieber selbst erfahren, entdecken und sich ein eigenes Bild machen. Das finde ich sehr schön an diesen Geschichten. Vom kleinen Drachen sind schon wahnsinnig viele Geschichten und Bücher veröffentlicht worden, ich denke wir werden hier noch einiges zu lesen haben. Derzeit lesen wir: Der kleine Drache Kokosnuss kommt in die Schule

Und grundsätzlich wird der Sohn auch nicht müde, die Geschichten immer und immer wieder zu lesen. Sind wir am Ende angekommen, beginnen wir wieder von vorne. Er kann die Geschichten viele Male vorgelesen bekommen und liest sie immer wieder gerne. Von oben genannten Büchern hat er keine speziellen Vorlieben, er holt sie alle immer wieder hervor. So bleibt es abwechslungsreich. 

Und was sind eure liebsten Vorlesebücher?

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Samstag, 11. Februar 2017

Braucht mein Kind einen Lernturm?


Seit wir den Lernturm im Internet entdeckt und nachgebaut haben, ist er für uns nicht mehr aus dem täglichen Leben und Arbeiten wegzudenken. Schon früh konnte uns unser Sohn bei den Essensvorbereitungen zuschauen und dann auch mithelfen. Es war ein großer Schritt für seine Selbstständigkeit. Der Lernturm wurde nun an unsere Tochter weiter gereicht und auch hier sehen wir, wie gerne er angenommen wird und wie entspannt es schon jetzt in der Küche zugeht. Sie beobachtet sehr genau und schon bald wird auch sie mithelfen können.

Nun kommen immer wieder Fragen auf, die ich selbst gestellt bekomme oder die ich im Internet dazu lese: Braucht man das wirklich? Lohnt sich die Anschaffung, wenn das Kind doch auch direkt auf einen Hocker könnte? Wäre ein Hocker nicht besser, da die Kinder achtsamer sind? Ist das Helfen in der Höhe überhaupt sinnvoll, wenn sie es vielleicht noch garnicht einschätzen können? Wem hilft der Lernturm mehr? Den Kindern oder den Eltern? Ist der Lernturm wirklich sicher?

Ich versuche heute einige Fragen, auch in Anlehnung an Montessori, zu beantworten und euch damit die Entscheidung zu erleichtern, ob ein Lerntum bzw. die Anschaffung sinnvoll ist oder nicht.

Enorme Erleichterung für uns Eltern

Wie ich in den damaligen Blogbeiträgen zu diesem Thema schrieb, ist der Lernturm plötzlich eine enorme Erleichterung für uns Eltern. Unsere Kinder wollen dabei sein, sie wollen tun was wir tun, sie wollen beobachten können, wollen begreifen, wollen lernen. Ihnen ist es daher wichtig bei uns zu sein, nur so können sie sich entwickeln. Für uns Eltern kann dieses Bedürfnis nach Nähe und Aufmerksamkeit bei den Essensvorbereitungen anstrengend sein. Kind auf dem Arm und einhändig kochen ist nicht immer so einfach. Auch die Alternative das Kind in die Trage/das Tuch zu nehmen, ist nicht immer praktikabel oder angenehm. Alleine meine Tochter wiegt mit etwas über einem Jahr schon mehr als 12 kg. Ich trage sie wirklich gerne, aber wenn ich andere Möglichkeiten sehe, versuche ich diese auch zu nutzen.

Beim Sohn  und nun auch bei der Tochter kam daher die "Rettung" in Form des Lernturms daher. Der Sohn war nun dabei, konnte alles genau sehen, beobachten und erfassen und war glücklich. Er war zu diesem Zeitpunkt, knapp über 1 Jahr alt und konnte direkt alleine hochklettern, wenige Tage später wusste er auch schon, wie er alleine wieder herunter kam. Er konnte also selbst entscheiden, ob er beim Kochen dabei sein möchter oder nicht.

So entsteht dem Kind die Möglichkeit, selber zu handeln. Und die eigene Handlung wird Willensäußerung. Ohne den Vollzug einer Handlung ist keine Willensäußerung möglich. Das Willensleben ist das Leben der Tat.

- Maria Montessori - 

Einige kritische Stimmen schreiben, dass sie es nicht gut finden, dass Kinder in den Lernturm gehoben werden und ihnen somit diese Entscheidung abgenommen wird. Zudem sind die Kinder dann auch in der eigenen Bewegungsentwicklung noch nicht soweit. Sie können die Höhe nicht einschätzen, sie konnten dies noch nicht ausreichend üben.

Höhen können eventuell nicht eingeschätzt werden

Ich kann diese Beweggründe sehr gut verstehen und nachvollziehen und gebe ihnen grundsätzlich recht. Ich finde es persönlich auch viel besser, wenn das Kind von Anfang an alleine den Lernturm hinauf- und hinunter steigen kann. Beim Sohn hat dies auch wunderbar funktioniert. Also hätte ich ihm doch auch gleich einen Hocker anbieten können, oder? Wieso den Lernturm?
Der Lernturm bietet für mich die Sicherheit des Geländers. Gerade für die Kleinsten ist es sicherlich sehr schwierig sich auf so viele Dinge gleichzeitig zu konzentrieren. Beobachten, mithelfen und dann noch die Bewegung und den Stand zu koordinieren, damit man nicht einen falschen Schritt macht und runterfällt. Auch als Eltern ist es leichter. Denn wenn man gerade kräftig am Rühren ist, damit nichts anbrennt, ist man abgelenkt. 
Nun könnte man wieder sagen, dann ist das Kind noch nicht soweit in dieser Höhe zu arbeiten. Mag sein, aber sagt nicht schon Montessori, wir sollen die Umgebung dem Kind in seiner jeweiligen Entwicklung anpassen und ihm helfen und unterstützen. Wenn uns nun das Kind helfen möchte, es aber noch zu klein ist, um genau auf seinen Stand zu achten, wieso soll ich ihm und uns nicht diese Sicherheit durch den Lernturm geben?
Das Einschätzen von Höhe kann auch anderweitig geübt werden. Auf dem Spielplatz oder einem Kletterbogen oder Pikler-Dreieck Zuhause oder z.B. auch Hocker an anderen Stellen der Wohnung, z.b. im Bad. Hier kann man sich komplett auf das Kind konzentrieren und ist durch Kochen nicht abgelenkt.

Win-Win-Situation

Sollten die Kinder einfach in den Lernturm gehoben werden, wenn sie den Auf- und Abstieg noch nicht alleine schaffen? Das ist eine schwierige Frage und noch vor Monaten hätte ich gesagt, nein! Wir sollten den Kindern diesen wichtigen Schritt nicht vorweg nehmen. Wir nehmen ihnen diesen Lernerfolg, die Motivation und werfen sie vielleicht auch mit Selbstentwicklung ein Stück weit nach hinten. 
Nun ist hier aber meine Tochter... 12kg schwer und auf dem Rücken möchte sie sich nicht tragen lassen. Vorne in der Trage zu kochen, das geht nicht mehr. Gerade zur Abendzeit wird die Tochter aber so anhänglich, dass ich sie nicht absetzen kann, der Protest wäre groß. Bisher warteten wir also immer bis der Papa von der Arbeit nach Hause kam und er dann kochte. 
Wir entschieden uns nun doch die Tochter in den Lernturm zu stellen und siehe da: Glücklich, ausgeglichen und wenn sie keine Lust mehr hat darin zu stehen, bekomme ich das auch direkt signalisiert und helfe ihr heraus. Eine Win-Win-Situation für Eltern und Kind. Ich werde sehen, wie hier die weitere Entwicklung ist.

Ich möchte kurz anmerken: Die Kinder sollten sich schon selbst aufrichten und selbst längere Zeit fest stehen können. Diese körperliche Entwicklung muss gegeben sein, da man die Kinder sonst wirklich in eine Situation bringt, die ihre kleinen Körper noch nicht schaffen und es somit zu Belastungen kommt.
Ich sehe schon täglich, wie meine Tochter versucht den Lernturm heraufzukommen. Die Knie sind schon auf der ersten Stufe. Sie will es von sich aus lernen. Wichtig ist in meinen Augen daher, unsere Kinder nicht grundsätzlich dieser Hürde zu nehmen, wenn wir sehen, sie wollen in den Lernturm oder hinaus. Sondern wir warten ab und beobachten. Oder versuchen zu einem späteren Zeitpunkt Hilfe anzubieten. Dem Sohn habe ich z.B. damals den Abstieg mit wenigen Worten aufgezeigt, als ich merkte,  er verlangte nach Hilfe. So bleibt die Motivation erhalten, es selbst zu lernen und zu schaffen. Ich unterstütze es und nehme ihm nicht alles ab.
Was ich allerdings garnicht schön und auch einschränkend finde, sind diese Art Lerntürme, die komplett geschlossen sind. Die Kinder können diese Türme niemals alleine nutzen und werden in ihrer Selbstständigkeit dauerhaft eingeschränkt.

Lernturm als Klettergerüst?

Wie sicher sind Lerntürme, gerade die Selbstgebauten? Kein Lernturm bietet 100%ige Sicherheit vor dem Kippeln und Umfallen. Hier sind wir als Eltern gefragt und sollten unsere Kinder damit nicht alleine lassen bzw. auch hier gilt zu Beobachten und nach und nach die Verantwortung an unsere Kinder zu übergeben. So wie es auch in allen Lebensbereichen ist. Haben wir einen Stockdosenschutz oder Türgitter? Wann nehmen wir es weg? Wann lassen wir unsere Kinder ohne Aufsicht die Treppen laufen? Irgendwann gibt es immer ein Punkt an dem wir uns entscheiden unsere Kinder zu vertrauen. Bis dahin bleiben wir dabei. Bis dahin stellen wir vielleicht Regeln auf und achten auf die Einhaltung. Wie z.B. der Turm wird nur genutzt wenn wir Eltern dabei sind, auf die Arbeitsplatte wird nicht geklettert oder der Lernturm grundsätzlich nicht zum Klettern genutzt wird oder das sich nicht über die Seiten hinaus gelehnt wird, wegen der Kippgefahr. Das kann je nach Kind gleich verstanden werden oder auch einen längeren Lernzeitraum benötigen. Ich habe von manchen Eltern gelesen, die den Lernturm, sobald sie den Raum verließen, immer umgelegt haben. Natürlich beschneide ich meine Kinder in diesem Moment, aber das tue ich zur Sicherheit auch bei der Verwendung von Türgittern.

Lerntürme bieten nur einen kleinen Arbeitsbereich

Sollte ich mein Kind grundsätzlich in der Höhe helfen lassen oder besser einen eigenen Arbeitsplatz schaffen?
Zunächst einmal können die ganz Kleinen noch nicht viel mithelfen. Daher ist hier ein eigener Arbeitsplatz wenig sinnig und wird wohl auch nicht genutzt werden, da man nicht direkt bei Mama und Papa ist und nicht sieht, was diese tun. 
Später sobald eigene Arbeiten erledigt werden können. Putzen, schneiden, schälen usw. wäre das natürlich sehr schön. Die Kinder sind nicht begrenzt auf die kleine Stellfläche des Lernturms. Müssen nicht ständig hinabsteigen, wenn sie etwas aus Schränken holen müssen oder etwas mehr Arbeitsfläche benötigen. Wer den Platz in der Küche also hat, der sollte dem Kind diese Möglichkeit gerne bieten. Wir sehen schließlich selbst wieviel wir uns in der eigenen Küche bewegen und hin. und herlaufen. Leider kenne ich selbst viele Küchen, die diesen Platz nicht bieten. Der Lernturm bietet daher die Lösung, dass die Kinder trotzdem mithelfen können und sie wissen sich damit auch zu helfen und beginnen schon früh den Turm überall dahin zu schieben, wo sie ihn benötigen. Es dauert eben alles etwas länger und diese Geduld müssen dann auch wir Eltern aufbringen.

Lernturm ist in vielen Bereichen einsetzbar

Der Turm wird ohnehin gerne von den Kindern auch außerhalb der Küche genutzt. Lichtschalter können damit aus- und eingeschaltet werden und durch die gewonnene Höhe können plötzlich Dinge erreicht werden, die bisher nicht erreichbar waren. Das bedeutet natürlich auch für uns Eltern wieder ein Umdenken und vielleicht Umräumen, um hier den Kindern die Freiheit zu lassen und sie nicht durch Verbote zu hemmen. Neben den vielen positiven Rückmeldungen ist das nämlich einer der häufigsten Kritikpunkte des Lernturmes: die deutlich erhöhte Reichweite der Kinder. Hier gilt es nach Montessori, die Umgebung dem Kinde anzupassen und Konfliktpotential, wo immer möglich, zu reduzieren. 

Nun habe ich versucht einige Blickrichtungen auf den Lernturm zu beleuchten und am Ende muss ich natürlich sagen, es wird immer Familien mit positiven und negativen Erfahrungen geben, Befürworter und auch Kritiker, doch schlußendlich müsst ihr euch als Familie entscheiden und wohlfühlen. Es muss aber auch den Bedürfnissen der Kinder angepasst sein. Unsere Kinder müssen mit den Hilfen, die wir ihnen bieten, wachsen und zum "Meister ihrer Selbst" werden können, wie es Maria Montessori, beschreibt. Hilfen, sollen nicht behindern und nicht demotivieren. Sie müssen vielleicht auch immer wieder angepasst werden, mit der Entwicklung und den Fähigkeiten unserer Kinder, um ihnen damit eine Umgebung zu geben, die sie in ihrem Lernwillen unterstützt. Ein Lernturm kann daher für eine gewisse Zeit eine sinnvolle Hilfestellung sein, die uns und unsere Kinder ein kleines Stück Weg begleitet.

Das Kind weiß nicht, wie es sich diese Umgebung selbst schaffen soll. Nur der Erwachsene kann es tun, und das ist die einzige tatsächliche Hilfe, die man dem Kind geben kann.

- Maria Montessori -


Mittwoch, 8. Februar 2017

Harte Zeiten? Siehst du noch das Positive?

Die Tochter ist nun 13 Monate alt und vor einiger Zeit habe ich schon einmal über "Babyglück oder doch nicht?" geschrieben. Die Resonanz war hoch, verdammt hoch! Erschreckend hoch, sogar? Jedenfalls geht es vielen Müttern recht ähnlich. Wir fragen uns dabei oft, übertreiben wir? Jammern wir zu viel? Ist das alles eigentlich ganz normal? Müssen wir uns mehr auf das einlassen, was eben ist? Was nicht änderbar ist?
Susanne von Geborgen Wachsen schrieb vor Kurzem einen sehr passenden Artikel zu diesem Thema. "Wenn alles nur noch blöd ist..." lautet der Titel und irgendwie hätte schon alleine dieser einleitende Titelsatz von mir sein können... ja, irgendwie ist alles nur noch blöd... und es folgt eben nicht auf Anstrengung, auch wieder Entspannung, wie Susanne ebenfalls schreibt. Seit 13 Monaten nun... es gibt hier keine Phase, es ist einfach immer und ständig... und ich fühl mich mittlerweile sehr, sehr müde... nur noch müde und oft kraftlos.

"Nicht das Kinderhaben macht uns krank. Die Rahmenbedingungen sind es, die nicht stimmen. Selbst dann, wenn wir Kinder mit besonders starken Bedürfnissen haben, sind nicht sie Schuld an unserem Unbehagen, sondern das fehlende Netz. Wenn alles nur noch blöd ist, liegt das nicht an ihnen. Elternschaft ist schön. Das Leben mit Kindern ist auch mal anstrengend, aber nicht immer. Elternschaft ist nichts, wo man eben durch muss. Kein dunkler Tunnel, kein angsteinflößender Lebensabschnitt. Elternschaft ist bunt und sollte es bleiben und dafür sollten wir uns für uns und andere einsetzen."

Susanne hat schon recht mit ihren Worten. Es fehlt an einem Netz. Wobei ich hier wirklich schon viel Unterstützung durch meine Eltern, allen voran meiner Mama und auch dem Mann habe. Aber so ein Tag kann sehr lang werden, gerade mit einem Kind, welches sehr starke Bedürfnisse hat. Und es ist auch nicht jeden Tag jemand da, der einen/mich unterstützen könnte, damit ich wichtige Pausen zum Auftanken bekommen würde. Mittags hinlegen, bedeutet nicht Kraft tanken, sondern vielleicht gerade mal den sowieso leeren Tank wieder soweit aufzufüllen, um bis Abends durchhalten zu können. Ich laufe schon seit einer Weile irgendwie auf Reserve und dabei habe ich etwas festgestellt.
Ich habe festgestellt, dass ich nicht mehr Positive denke. Nicht mehr Positiv spreche. Ich bin nörgelig und dauergenervt. Ich sehe nur noch das Negative. Ich, diejenige, die es nie gut fand, wenn andere Eltern negativ über ihre Kinder sprechen... denn negatives Sprechen, festigt sich, prägt sich ein. Und ist denn wirklich alles Negativ? Gibt es nicht irgendwo in diesen harten Zeiten auch etwas Positives? Besteht meine Tochter nur aus starken Bedürfnissen? Sehe ich nicht das Positive? Das Wundervolle? Nein, natürlich nicht!

Meine Tochter kann so wundervoll lachen und so viele wunderschöne und witzige Töne von sich geben. Wenn sich ihre kleinen Lippen formen und sie vor sich hin tönt, müssen wir alle grinsen. Sie kann ihr Köpfchen so wunderbar zur Seite neigen und dich dabei ganz verschmitzt ansehen. Oder gleichzeitig den Kopf schütteln und auf zuckersüße Art und Weise zeigen, dass sie etwas nicht möchte, wenn wir ihr eine Frage gestellt haben. Manchmal kneift sie dann auch die Augen zusammen und lächelt dabei. Das wirkt so höflich und alle sind verzückt.
Beim Essen möchte sie ein kleines Küchentuch neben sich haben, als Serviette. Wenn ihre Hände dreckig sind, will sie diese abwischen können. Trinken will sie allerdings selten alleine. Hat sie Durst, hält sie uns ihr Trinken entgegen und wir sollen es halten. Dabei gibt es auch eine Reihenfolge. In der Regel soll immer ich ihr das Trinken reichen. Will es jemand anderes tun, bekommt er es wieder abgenommen und sie fixiert mich und ist ganz entrüstet.
Sie liebt Reis. Der Sohn hat es gehasst, weil Reis so klein ist und man nichts in den Magen bekommt. Die Tochter schaufelt ihn einfach händchenweise in sich hinein, irgendwie klappt das schon. Reis ist einfach toll. Und dann findet sie noch Bananen und Mandarinen einfach großartig. Absolutes Lieblingsobst jetzt im Winter. Am besten ist es immer, wenn man ihr beide Obstsorten hinhält und sie selbst wählen kann. Dieses Strahlen von einer Wange zur anderen Wange ist unbezahlbar. Aber wehe, man schält die Mandarine nicht schnell genug. Geduld ist jedenfalls nicht die Stärke meiner Tochter. Woher sie das nur hat?

Sie hält sich nicht lange mit Spielzeug oder Spielideen auf, die ich ihr anbiete. Entweder sie straft sie ohnehin mit Nichtbeachtung oder sie probiert kurz und wenn es dann funktioniert, ist es für sie beendet. Alleine beschäftigt sie sich kaum, mit nichts... dafür liebt sie Musik. Sie schaltet gerne den CD-Player des Bruders an und wippt im Takt mit. Dieser wackelnde Windelpopo, die Ärmchen die dabei nach oben gehen. Sie wird von Musik, von Melodien, magisch angezogen. Es wirkt als könnte sie sich dagegen kaum wehren, ihr Körper wippt einfach automatisch mit. Daher hat sie auch zwei Lieblingsbücher. Beide drehen sich um Musik, beide spielen Melodien und Musikinstrumente auf Knopfdruck ab. Das sind die Bücher, die sie immer und immer wieder hervorholt und uns reicht.

Sie kann ein echter kleiner Clown sein. Sie steckt sich Essen nur halb in den Mund oder die Zahnbürste verkehrt herum hinein und schaut uns an, mit einem Schalk in den Augen... unglaublich. Ich kann das immer kaum glauben. Sie ist 13 Monate, woher weiß sie, dass das witzig aussehen könnte? Natürlich sieht sie unsere Reaktionen darauf. Ohnehin beobachtet sie so genau und detailiert, sie merkt sich wahnsinnig viel und schnell und würde es gerne direkt nachmachen. 

Sie liebt es zu kuscheln. Klar, sie hängt sowieso den ganzen Tag an oder auf mir und es wirkt als wären wir mit einer sehr kurzen Schnur verbunden, die ständig auf Spannung steht. Sie sucht Nähe, sehr sogar und lehnt immer wieder gerne den Kopf an mich oder den Papa oder auch der Oma. Wenn wir Küsschen verteilen, lehnte sie Anfangs komplett ab. Sie drehte den Kopf weg. Irgendwann begann sie dann den Kopf zu neigen und uns die Stirn zu zeigen. Da sollten wir sie küssen und so ist es immer noch. Es wirkt wie eine kleine Eminenz, die uns erlaubt sie zu küssen. Ich sehr beeindruckt, wie sehr sie ihren Willen und Wünsche schon zeigen kann.

Gleiches gilt auch für unsere Elimination Communication... Ich hatte mir fest vorgenommen, bei der Tochter "Windelfrei" versuchen zu wollen und ich denke wir sind ein ganz gutes Team. Stuhl landet so gut wie immer im Töpfchen und nach dem Schlafen das Pipi ebenso. Auch zwischendurch klappt es ganz gut, so dass es schon manche Tage gab, an denen ich nur eine einzige Windel benötigte. Einfach als Backup. Ich bin da schon echt etwas stolz auf uns Beide, dass wir das so gut zusammen hinbekommen und es doch ganz locker dabei angehen. Es klappt oder klappt eben nicht. Aber ich sehe auch immer wieder, wie stolz und glücklich die Tochter ist, wenn nichts in die Windel ging. 

Sie liebt ihren Bruder so sehr! Morgens strahlt sie, wenn sie ihn zum ersten Mal sieht und sie würde so gerne immer bei ihm sein. Aber noch sind die Interessen zu unterschiedlich und sie würde die Bauwerke ihres Bruders zerstören. Also sucht er oft auch Ruhe vor ihr. Wenn beide zusammen kuscheln, geht mein Herz auf und ich hoffe einfach, dass diese Harmonie zwischen den Beiden immer bleiben wird. 

Wenn ich nun all das hier lese, sehe ich, wieviel Positives dieses kleine Menschlein mir gebracht. Wie wundervoll sie ist und einmalig. Es ist gut und tut gut, all diese vielen wundervollen Facetten von ihr niedergeschrieben zu haben. Manchmal ist es nötig, etwas vor sich zu sehen, schwarz auf weiß, um sich bewusst zu werden, es ist nicht alles Negatives. Es sind nicht nur harte Zeiten. Es ist nicht nur erschöpfend und anstrengend. 
Es hilft natürlich nicht gegen die Müdigkeit, gegen das Gefühl der Kraftlosigkeit. Aber wie ich oben schon geschrieben habe, wie wir uns fühlen, wie wir denken, das ist Einstellungssache. Denke ich negativ, dann fühle ich mich auch nicht gut. Dann wird die dunkle und durchwachte Nacht noch dunkler und dann wird der sich endlos ziehende und anstrengende Tag noch endloser und anstrengender werden.

Immer wieder das Positive zu sehen, das Wundervolle. Mein Kind. Wie es ist! Einmalig! Einzigartig! Strahlend! Witzig! Lustig! Eben, einfach meine kleine Tochter! Dieser Beitrag, der ist für mich! Für mich ganz alleine! Um zu erkennen, um alles zu sehen. Nicht nur das Negative.

Schau! Schau tiefer, schau genauer hin! Es ist nicht nur anstregend, nicht nur hart! Sie in die Augen deiner Tochter! Sehe das Lachen! Sehe das Positive!