Viele von euch haben es gestern sicherlich schon gelesen oder gehört. Die Schiedsstelle hat gestern entschieden und Ausschlußkriterien beschlossen unter denen eine Krankenkasse eine Hausgeburtshebamme NICHT mehr bezahlen muss! Hier könnt ihr alles nachlesen: *klick*
Eine dieser völlig haltlosen, statistisch nicht belegbaren Kriterien ist der Entbindungstermin. Überschreitet man den Entbindungstermin um 3 Tage, ist Frau gezwungen sich von einem Facharzt untersuchen und sich bestätigen zu lassen, dass auch weiterhin eine Hausgeburt möglich ist....
1. Wie kann man sich hier so sehr auf einen errechneten Entbindungstermin fixieren? Ich werde jetzt nicht schnell in Google suchen, das können wir alle selbst. Was wir alle wissen ist, nur die wenigsten Kinder kommen exakt am errechneten Geburtstermin. Hier gibt es Spannen von plus 14 Tage vor und nach dem möglichen errechneten Termin. Ein Plus von 3 Tagen, die einer Frau gegeben werden ihr Kind zu bekommen, kann bei diesen möglichen Spannen immer noch nicht ausreichend sein, ein noch nicht geburtsreifes Kind dazu zubewegen sich auf den Weg zu machen! Was soll das?
2. Welcher Facharzt wird denn wirklich eine positive Bescheinigung ausstellen, dass eine Hausgeburt auch weiterhin möglich ist? Obwohl statistisch gesehen außerklinische Geburten sicherer sind als Klinikgeburten, wird das oft vergessen und Hausgeburten als riskant für Mutter und Kind beschrieben. Gerade von "Fachärzten"! Das Problem ist, dass Fachärzte nicht für einen normalen spontanen Geburtsvorgang ausgebildet wurden. Sie wissen meist garnicht, wie der wirkliche Ablauf der Natur funktioniert. Sie sind gefangen in einer Welt aus Risiken, Komplikationen und der Reaktion darauf. Eine Geburt kann in Kliniken heute kaum noch spontan ablaufen. Ständig wird interveniert und somit weitere Komplikationen hervor gerufen. Schlußendlich heisst es dann, wenn die Schwangere nicht bei uns in der Klinik gewesen wäre, wäre sie und das Kind gestorben... Prost Mahlzeit! Das sind die Ängste die in uns Frauen geschürt werden, das sind die Ängste, die Ärzte haben. Also wer würde mir bescheinigen, dass ich auch 3 Tage über einem fiktiven errechneten Entbindungstermin noch außerklinisch entbinden darf?
3. Heisst das auch, dass ich, wenn ich einen Arzt finden würde, der pro außerklinische Geburt ist und mir dies auch bei gutem Zustand von Mutter und Kind weiterhin erlauben würde, jeden Tag zu diesem müsste? Ich denke nicht, dass die eine Bestandsaufnahme am 3.Tag nach ET ausreichend ist. Es könnte sich ja nun jeden Tag etwas verschlechtern... unser Gesundheitssystem ist ja natürlich um unsere Gesundheit besorgt... ich müsste dann also in dem hochschwangeren Zustand in dem ich mich befinde, jeden Tag zum Arzt fahren, um mir weiterhin bestätigen zu lassen, das alles gut ist? Wielange kann dann noch alles gut sein, wenn Frau so unter Druck gesetzt und gestresst wird? Wir wissen alle sehr genau, dass dies für eine gelingende spontane Geburt absolut kontraproduktiv ist.
4. Jetzt mal weg von den außerklinischen Geburten, denn diese stellen leider nur etwa 2% der Geburten in Deutschland da... gehen wir in die Kliniken. Wir sehen doch auch hier, wie sehr sich dort mittlerweile auf den Entbindungstermin versteift wird, anstatt generell das bisherige Wohlergehen von Mutter und Kind zu prüfen und zu beobachten. Da muss eine Frau, nur weil sie eine Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hat zum errechneten Entbindungstermin in die Klinik und wird eingeleitet! Wieso denn das? Welche wissenschaftlichen Grundlagen gibt es dafür? Wieso reicht es nicht aus, zu beobachten. Plazentaverkalkung und Fruchtwassermenge im Auge zu behalten und der Natur ihren Lauf zu lassen?
Achso, ich vergass, das liebe Geld natürlich! Je länger eine Frau ein Klinikbett blockiert, um so weniger Geld wird erwirtschaftet... Kaiserschnitte sind lukrativer... und das Risiko eventuell verklagt zu werden gleich null, denn ein Kaiserschnitt wird ja nun als fast sicherste Entbindungsart gehandelt und man kann dem Arzt nicht vorwerfen, er hätte nicht zum Wohle von Mutter und Kind gehandelt... Leider ist es auch meistens so, dass Einleitungen die zu früh angesetzt werden, sehr häufig auch zu Kaiserschnitten führen. Ein geburtsunreifes Kind wird sich nämlich auch von einer Einleitung nicht rauslocken lassen. Irgendwann ist die Mutter erschöpft oder das Baby, dann muss alles ganz schnell gehen, Kaiserschnitt... und es wären ja alle gestorben, wäre man nicht in der Klinik gewesen...
Sobald man also über den Entbindungstermin hinüber geht, beginnt ein Strudel. Egal ob außerklinisch oder Klinikgeburt. Unser Recht auf Selbstbestimmung können wir als Frau dann an den Nagel hängen und sind dem System ausgeliefert. Wer will sich schon sagen lassen, er würde sein Kind gefährden, wenn er nun nicht genau auf das hört, was die Ärzt sagen? Welche Frau könnte sich unter der Geburt den ganzen Interventionen erwehren, die oft so unnötig sind?
Ich bin schon sehr lange in Sorge über die geburtshilfliche Entwicklung in Deutschland. Ich war bei vielen Demos dabei, ich habe protestiert, aber was soll sich ändern? Es passiert nichts bzw. es wird nur noch schlimmer, wie jetzt das Schiedsgericht auch entschieden hat. Sieht denn niemand, zu welch schlimmen Folgen dies in anderen Ländern schon geführt hat? In Amerika steigt die Zahl der bei Geburten verstorbenen Frauen und Kindern wieder an!
Kein Wunder bei schließenden Geburtskliniken und Personaleinsparungen! Die Geburten sollen zentralisiert werden, eine optimale Betreuung kann dann, gerade bei dem akuten Personalmangel aber nicht mehr gegeben sein. Diese erst kürzlich ausgestrahlte Sendung des ZDF zeigt, auf was wir uns einstellen müssen. Geburtsschäden bei Kindern werden zunehmen! Und das betrifft nicht die außerklinische Geburt, sondern die Klinikgeburten! Probleme unter dem Geburtsverlauf werden viel zu spät erkannt, weil x Frauen gleichzeitig in den Kreissäalen betreut werden müssen. Das ist jetzt schon ein Problem und es wird sich noch deutlich verschärfen!
Was können wir Frauen dagegen tun? Eigentlich leider nicht wirklich viel! Dadurch das sich so viele Frauen dem System unterwerfen und auf alles hören, was ihnen die Ärzte sagen, sich völlig unnötig einleiten lassen, sieht das System keinen Änderungsbedarf. Wir müssten uns dagegen wehren! Aber hier stehen wir wieder, wollen wir uns Kindswohlgefährdung vorwerfen lassen? Wollen wir nicht alles tun, damit unsere Babys gesund auf die Welt kommen? Und der Arzt müsste ja schließlich auch wissen, von was er spricht.... Ein Teufelskreis.
Als ich im April meinen positiven Schwangerschaftstest in meinen Händen hielt, wusste ich schon von diesen, durch die Krankenkasse eingeleiteten, Diskussionen zum Thema Terminüberschreitung. Es war abzusehen, dass hier etwas auf uns zukommen könnte. Ich bekam einen wirklich guten Tip! Schummel beim Entbindungstermin! Ich habe das Glück, dass sich nach Entbindung und Stillzeit ein relativ kurzer Zyklus bei mir eingestellt hat. Gerade mal 23 Tage. Ich schummelte meinen Zyklus daher auf 28 Tage hoch. So ergab sich plötzlich ein Puffer von 5 Tagen auf den errechneten Entbindungstermin. 5 Tage! Und nochmal die 3 Tage, die uns das Schiedsgericht gewähren würde. Also 8 Tage die mein Kind Zeit hätte länger im Bauch zu bleiben, bevor ich in den Strudel des Systems rutschen würde...
Ich persönlich hoffe sehr, dass sich Wunschkind 2.0 auch so früh, wie ihr Bruder auf den Weg machen wird. 14 Tage früher kam er nämlich und das ganz ohne ein Hauch von Käseschmiere am Leib. Während der Schwangerschaft wurde immer wieder behauptet, er wäre zu groß für den errechneten Termin. Anstatt den Geburtstermin anzupassen, wurde ich lieber mit Zuckerlösungen gequält, es könnte sich ja um Schwangerschaftsdiabetes handeln. Als diese Ergebnisse negativ ausfielen, kam aber auch niemand auf die Idee, dass der Entbindungstermin einfach falsch sein könnte. Das System sieht nicht vor, Entbindungstermine im späteren Verlauf der Schwangerschaft nochmals anzupassen. Ein Entbindungstermin wird am Anfang der Schwangerschaft gesetzt und fertig! Das ist der Vorteil den wir Frauen nun als Möglichkeit haben. Wir können schummeln. Wir können unsere Zyklen verlängern oder den ersten Tag unserer Periode ein paar Tage später ansetzen... wir gewinnen so ein paar Tage für uns und unsere Kinder. Zeit, die das Kind vielleicht braucht, um sich selbst entscheiden zu können, dass es nun soweit ist auf die Welt kommen zu wollen.
Ich möchte nochmals darauf hinweisen, es geht mir hier nicht alleine um meinen Wunsch auf eine Hausgeburt oder darum außerklinische Geburten zu stärken. Natürlich bin ich absolut pro außerklinische Geburt und ich möchte wieder eine so wundervolle, selbstbestimmte und geborgene Hausgeburt erleben, wie bei meinem Herzkind.
Die Crux mit dem Entbindungstermin betrifft im Grunde aber nicht nur die außerklinischen Geburten, sondern alle Geburten! Der Veitstanz um den Entbindungstermin und die anschließenden Interventionen wird immer schlimmer, wir sollten versuchen uns solange wie möglich diesem zu entziehen. Ich habe meine Konsequenz daraus gezogen.