Freitag, 30. Januar 2015

Eigenständig und selbstbestimmt = Problemkind?

Seit 2 Wochen geht mir diese Fragestellung im Kopf herum. Seit dem wir die Fremdbetreuung durch die Tagesmutter abbrechen mussten und seit dem ich viel Feedback von anderen Mütter erhalten habe, die mich fragten: Was verstehe ich unter selbstbestimmt? Wieso hatte die Tagesmutter damit Probleme? Oder das sie ähnliche Ängst und Bedenken haben, dass ihre eigenständig und selbstbestimmt erzogenen Kinder Probleme bei der Eingewöhnung haben werden.

Ich meine damit nicht, dass wir als Eltern unsere Kinder als Problemkinder ansehen. Sondern eher unser System und unsere Gesellschaft, welche oft nicht mit solchen Kindern umzugehen weiß. Kinder sollen doch "funktionieren", sie sollen gehorsam sein und sich den Forderungen des Erwachsenen fügen und sich zu benehmen wissen. Dann ist alles leichter. Dann können wir Erwachsene unsere täglichen Abläufe einhalten und werden nicht gestört oder fühlen uns gestört...

Ich habe gestern mit dem Buch "Liebe und Eigenständigkeit" von Alfie Kohn begonnen. Ein wundervolles Buch, welches immer wieder gerne im Zusammenhang mit dem bedürfnisorientierten Umgang mit Kinderm empfohlen wird.

Ich bin noch nicht über die Einleitung hinaus und schon stoße ich im Grunde auf meine obige Fragestellung:

Mir wurde klar, dass die meisten Menschen in unserer Gesellschaft sich genau das am meisten von Kindern wünschen: nicht, dass sie fürsorglich, kreativ oder neugierig sind, sondern einfach dass sie sich gut benehmen. Ein "gutes" Kind - vom Säugling bis zum Jugendlichen - ist eines, das uns Erwachsene nicht allzu sehr stört.

Wenn es uns nur darum geht, Kinder dazu zu bewegen, zu tun, was wir sagen, ist das unter anderem deshalb so problematisch, weil es möglicherweise im Widerspruch zu anderen, höher gesteckten Zielen, die wir für sie haben, steht. 

"Was sind Ihre langfristigen Ziele für Ihre Kinder? Welches Wort oder welchen Ausdruck kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie beschreiben möchten, wie Sie sich Ihre Kinder wünschen würden, wenn sie erwachsen sind?"

Wollen wir folgsame Erwachsene? Erwachsene die nichts hinterfragen? Die immer tun, was man ihnen sagt? Plankes Gehorsam?
Kommen einem dabei dunkle Gedanken? An schreckliche Dinge? Die nur getan werden konnten in der grausigen Menschengeschichte, weil die Gesellschaft genau so war? Weil diese "Tugenden" bei Kindern und auch Erwachsenen gewünscht und geachtet waren? Ja, ich weiß, etwas polemisch... aber ein Fünkchen Wahrheit steckt doch darin, oder?

Ich denke, niemand würde wollen, dass sein Kind als Erwachsene nur tut, was man von ihm verlangt und keine eigene Meinung besitzt und diese auch vertritt. Aber wieso wollen wir, dass sie als Kinder so sind? Und wie sollen sie als Erwachsene anders werden, wenn sie als Kinder nicht eigenständig und selbstbestimmt sein dürfen?

Wir waren noch im letzten Jahr auf einem Gospel-Konzert in einer Kirche. Das Herzkind kam natürlich mit. Mit der Option, will er nicht mehr stillsitzen, dann gehen wir eben früher oder einer von uns geht mal mit ihm kurz raus. Es gibt Möglichkeiten. Das Herzkind wanderte ständig in der Bankreihe hin und her, von Oma zu Papa und wieder zurück, immer über die Füße von Opa und Mama... und horschte dabei die Gospelklänge. Nach dem Konzert als die Lichter wieder angingen, wurde ich von mehreren Seiten beglückwünscht. Man hätte garnicht gemerkt, dass hier ein Kleinkind wäre und wie ruhig er doch war und eine andere Dame meinte entrüstet, ihre Enkeltochter hätte sie garnicht mitnehmen können, weil sie eben nicht ruhig sein kann...

Ja, ich habe mich irgendwie schon darüber gefreut, dass ich gelobt wurde.... für eine Erziehung, die es eigentlich nicht gibt... denn ich hätte mein Kind niemals zum Stillsitzen und ruhig-sein gezwungen. Dennoch wird es von unserer Gesellschaft gefordert. Kinder sollen nicht auffallen, sie sollen sich ruhig verhalten und nett sein, bloß nicht schreien und durch die Gänge fegen und andere Menschen nerven... denn dann sind sie nicht gut erzogen...

Solche Kinder machen nur Probleme! Sie fügen sich nicht einfach ein! Sie hinterfragen, dass was mit ihnen getan werden soll (Eingewöhnung, zu-Bett-gehen, Regeln im Allgemeinen) und wenn es nicht mit ihrem Denken übereinstimmt, dann geben sie dies kund! Man kann ihnen nicht einfach eine Haube überziehen, die für alle Kinder gleichsam gelten soll. Selbstbestimmtheit hat bei Kindern wohl immer noch nicht den Stellenwert, denn dieser haben sollte. Wie sonst, kann dies ein Problem sein?

Ich habe keine Probleme mit meinem eigenständigen und selbstbestimmten Kind? Ich weiß, dass ich ihn einbinden muss, dass ein Nein nicht einfach akzeptiert wird, dass er seine Freiräume braucht und er auch die Möglichkeit und die Zeit benötigt sich selbst auf Neues einzulassen und dann auf mich zukommt. Klingt das nicht auch, wie wir selbst behandelt werden möchten? Ich kann vielen Meinungsverschiedenheiten entgegen wirken, in dem ich mich zuerst frage, was will ich wirklich? Stelle ich eine Regel auf um der Regel willen oder weil es wirklich wichtig ist? Ich hinterfragte mich! Und das sollte jeder tun, nicht nur von den Kindern eine Änderung und Anpassung verlangen, sondern auch die eigene innere Einstellung ändern!

Nicht blinden Gehorsam wollen wir für unsere Kinder und damit für die Zukunft unseres Landes und auch für unsere gemeinsame Welt. Wir wollen eigenständig denkende und selbstbestimmte Kinder und spätere Erwachsene, welche eine Meinung besitzen, die sie vertreten können und somit für ihre Ziele und Werte einstehen werden!

Nein, eigenständige und selbstbestimmte Kinder sind keine Problemkinder! Unsere Denkungsweise macht daraus nur ein Problem.


18 Kommentare:

  1. Ich habe mich auch gefragt was deine Tagemutter und du mit "selbstbestimmt" meinen und ob ihr das gleiche unter dem Begriff versteht. Für mich ist das kein negativer Begriff. Jedes zweijährige Kind das ist kenne ist selbstbestimmt, insofern, als es seinen eigenen Kopf und seine eigene Meinung hat und diese auch durchzusetzen versucht. Und wenn diese Meinung ist, dass man lieber weiter spielen als sich Schuhe anziehen lassen will, dann ist das doch völlig "normal". Wie definierst du selbstbestimmt und eigenständig genau? Wo soll darin ein Problem in einer Tagesmuttergruppe sein?
    Dass euer Sohn die Tagesmutter nicht mehr als Bezugsperson angesehen hat, von der man sich trösten lassen kann, DAS Problem kann ich nachvollziehen. Vielleicht hat die Tagesmutter etwas anderes mit "zu selbstbestimmt" gemeint als du, und damit ein mangelndes Vertrauensverhältnis von eurem Sohn zu ihr gemeint?

    Meine Tochter wird übrigens auch gern von der älteren Generation gefragt ob sie "lieb" sei, oder es wird als "lieb" kommentiert wenn sie mal ruhig vor sich hinspielt. Ich denke, das diese Sicht eines "lieben" Kindes veraltet ist und sich hoffentlich nicht durch die Folgegenerationen hält. Mein Kind ist nämlich auch dann lieb, wenn es unkooperativ, schlecht gelaunt und anstrengend ist - wie alle Kinder.

    Kerstin

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    1. Hallo Kerstin,

      wir haben im Grunde schon das Gleiche damit gemeint.
      Für sie bedeutete es aber mehr Arbeit, da er sich nicht einfach alles überstülpen ließ, wie es mit den anderen Kindern möglich war. Irgendwo hier muss der Vertrauensbruch stattgefunden haben, da sie es wohl doch versucht haben muss... ich kann nur Vermutungen anstellen....

      Ja, du hast recht, ich sehe genau deine Beschreibung als völlig normal an, aber es scheint noch immer nicht normal zu sein, dass man hier vielleicht auch mal über andere Wege nachdenken muss.

      Liebe Grüße, Sabrina

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  2. Hey!
    Du sprichst mir so aus der Seele! Meine Tochter ist 1 Jahr alt und SEHR selbstbestimmt! Kinderwagen wurde nie akzeptiert, Tragehilfen mag sie leider seit einem halben Jahr nicht mehr, sie fühlt sich beengt darin. Sie ist sehr neugierig, möchte Alles sehen, fühlen, entdecken. Ich trage sie mit reiner Muskelkraft, werde sehr von meiner Mama unterstützt dabei, die ihre 4 Kinder auch immer so getragen hat... Hatte mir vorher vorgestellt eine Kinderwagen, Gitterbett usw Mami zu werden, davon hielt mein Zwerg aber nichts. Finde es wichtig, dass man da bereits aufs Baby eingeht, es in seinen Bedürfnissen und seiner Eigenheit ernst nimmt und ihm das Gefühl vermittelt, dass es bedingungslos geliebt wird. Sie hasst auch Autofahrten, daher fahren wir selten wohin. Habe öfter Aussagen gehört wie: Na da gewöhnen sie sich schnell daran/ Du verwöhnst sie ja/ Habt ihr denn keinen Kinderwagen? / usw
    Ich reagiere auch so gut es geht auf alle Wünsche meiner Maus sofern sie nicht gefährlich sind... sie lernt so, dass sie sich immer an mich wenden kann und ich sie nicht ignoriere, das schafft Vertrauen und eine enge Bindung. Finde nicht, dass man eine Baby fürs spätere Leben mit Frusterlebnissen abhärten sollte. Ich unterstütze ihre Entdeckungsfreude. Viele meinen dazu: Du hüpfst und springst ja gleich....
    Ist es nicht schade, dass man bereits Babys so manipulatives Verhalten unterstellt? Wird man nicht selbst auch gerne verwöhnt? Da fühlt man sich doch sehr geliebt... Was meinst du?
    Liebe Grüße,
    Kleine Mami

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    1. Hallo Gertraud,

      du hast so recht. Schon alleine in diesem kleinen Text werden nun schon wieder Dinge hinein interpretiert, die ich nie gesagt habe...
      Bloß weil ein Kind mitentscheiden darf, erzieht man deswegen nicht gleich antiautoritär oder das Kind würde immer "Recht" erhalten...
      Ich sehe es auch so wie du, ich unterstelle meinem Kind nicht manipulativ zu sein, sondern dass er sogar sehr kooperativ ist, wenn man nicht einfach über es hinweg bestimmt und es einbindet.

      Liebe Grüße, Sabrina

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  3. Ein wunderbarer Text voller Herz, dem ich voll und ganz zustimme. Dann ist Dein Sohn aber tatsächlich kein autonomes Kind im Juulschen Sinne, wie Du schon in Deinem Kommentar zu meinen Links im Fremdbetreuungsartikel schriebst. Denn autonome Kinder stellen ihre Eltern vor ungeheure Herausforderungen, die selbst mit unheimlich viel Verständnis und Geduld kaum lösbar sind. Ich halte mich für eine sehr einfühlsame, verständnisvolle Mama, weil ich selbst auch viele der Eigenschaften autonomer Kinder kenne und teile. Niemand sonst in meiner Familie bringt soviel Geduld für ihn auf wie ich. Und trotzdem bringt mich mein Großer immer wieder an meine äußersten Grenzen. Bei autonomen Kind geht es ja nicht darum, dass sie kein "Nein" akzeptieren, sondern KEINERLEI Kompromisse eingehen, wenn sie nicht selbst hundertprozentig entschlossen sind. Dass das im Alltag zu Konflikten führt, die mit den Konflikten "normaler" Kinder nicht im Ansatz vergleichbar sind, ist verständlich.
    Also, da Du mit Deinem Sohn gut in seiner Selbstbestimmheit zurecht kommst, wird er eben einfach ein willensstarkes, selbstbewusstes Kind sein. Das finde ich auch toll. Meine Tochter ist zum Beispiel auch so. Willensstark, energisch, vehement, sehr klar in dem, was sie will und was sie nicht will. Aber sie ist kein autonomes Kind, weil man immer irgendeinen Weg/Kompromiss findet, mit dem sie letzten Endes einverstanden ist. Das ist ein riesiger Unterschied, weil man nie eine wirklich abgrundtiefe Hilflosigkeit fühlt. Wie ich ja auch in meinen Texten schrieb: ich kenne persönlich kein anderes Kind, was wie mein Großer ein autonomes Kind ist. Im Vergleich zu meiner Kleinen und zu anderen Kindern sieht man auch deutlich die Unterschiede. Und keine anderen Eltern, die oft so ratlos mit ihrem Kind sind. Dies nur nochmal ein paar ergänzende Gedanken dazu.
    Ich finde es grundsätzlich sehr gut, wenn man Eigenständigkeit positiv ansieht und bin da voll und ganz bei Dir. Bei uns besteht da aber tatsächlich ein riesiger Unterschied.

    Liebe Grüße!

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    1. Hallo,

      ja, ich dachte mir das schon, dass ich kein autonomes Kind habe, die Beschreibungen passten eben nicht komplett :)
      Und ich sehe es wie du, es gibt immer einen Mittelweg und Weg mit dem Kind und Eltern glücklich werden. Und gibt es diesen Mal doch nicht, dann muss man das Kind in seinem Frust auch einfach begleiten und es diesen auch ausleben lassen. Frust gehört natürlich auch zum Leben dazu.

      Liebe Grüße, Sabrina

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  4. Hallo Sabrina, ich habe auch eine Frage zum Thema Selbstbestimmtheit. Entscheidet bei euch das Kind allgemeine Alltagsmomente z.b. wann es ins Bettchen geht, wann es isst und wann es gerade frisch gemacht oder angezogen werden will? Oder leitest du ihn an und wenn er nicht will, dann muss er nicht? In solch einer Gemeinschaft, wie bei der Tagesmutter müssen sich die Kinder ja ein wenig anpassen, sonst landet das wohl im Chaos bei so vielen Kindern. Grüße Anne P.

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    1. Hallo Anne,

      zum Teil, kann er durchaus selbst entscheiden. Ich stecke mein Kind nicht ins Bett, wenn er nicht müde und bereit dazu ist.
      Wenn es Essen gibt, gibt es Essen. Wenn wir raus gehen müssen, zum Einkaufen usw. Dann müssen wir uns anziehen. Aber hier ist der entsprechende Umgang mit dem Kind wichtig und nicht einfach, du hast das zu tun und basta. Es gibt Dinge, die sind notwendig, Termine usw. und ja es ist dann natürlich anstrengender das Kind zu überzeugen nun mitzuarbeiten, als es einfach anzuziehen und über es hinweg zu gehen.
      Ja, Kinder müssen sich in unserer Gesellschaft anpassen lernen, aber genauso gut müssen auch Erwachsene sich an Kinder etwas anpassen. Ein starres Durchziehen von Bisherigem wird nicht unbedingt zum Ziel führen... ein Kind ins Bett zu legen und aus dem Zimmer zu gehen, dass noch nie alleine eingeschlafen ist wird im Chaos und Vertrauensbruch enden... Regeln sollten immer überdenkbar bleiben und Mittelwege gesucht werden. Man zeigt deswegen keine "Schwäche", wenn man dies tut...

      Liebe Grüße, Sabrina

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    2. Hallo Sabrina, danke für die Antwort jetzt habe ich dich besser verstanden. Kommunikation ist sehr wichtig zwischen Eltern und Kind, oft findet man mit einem Kompromiss den passenden Weg für beide. Was und wie viel man seine Kinder selbst bestimmen lässt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Viele Grüße Anne

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  5. Gewisse Regeln und Tagesabläufe sollten dem Kind vorgegeben werden.
    Von kompletter Antiautoritär Erziehung halte ich recht wenig.
    Hab schon oft gesehen was aus solchen Kindern später wird: Extrem egoistische und asoziale Mitglieder der Gesellschaft.
    Ich denke der goldene Mittelweg ist auch hier, der bessere Weg...

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    1. Hallo,

      da gebe ich dir vollkommend recht und ich glaube hier stand auch nichts zur antiautären Erziehung und das ich dies befürworten würde. Auch unser Zwerg muss sich an Regeln halten und zwar an notwendige Regeln, die der Tagesablauf und der Umgang mit Menschen ohnehin umsieht.

      Liebe Grüße, Sabrina

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  6. Hallo Sabrina,

    ich stimme im Grunde mit dir überein, denke ich ;-) Ich finde aber, dass deine Argumentation (und die des zitierten Autors) sich zu sehr an der üblichen Erziehungshaltung orientiert und die lautet für mich: Tu heute etwas, damit das Kind für die Zukunft etwas lernt. Das ist auch dein Konzept oben, nur die Attribute sind anders. Es geht nicht mehr um Gehorsam, sondern um Selbstbestimmtheit. Ich finde dieses Konzept aber im täglichen Umgang nicht wirklich hilfreich und ich empfinde es auch als eine sehr beschwerliche Last. Ich finde es hilfreicher, nur im Augenblick zu sein (und eben nicht mich zu fragen: Was hat mein Verhalten für mögliche Auswirkungen in der Zukunft?). Für den Augenblick gelten meine Werte für den Umgang mit Menschen, ganz besonders natürlich mit mir sehr nahestehenden Menschen. Der Umgang miteinander sollte von Respekt, Empathie, Wohlwollen, Verständnis, Nachsicht, Güte usw. geprägt sein. Meiner Meinung nach ist schon der "Wunsch", das Kind möge ein selbstbestimmter Erwachsener werden, übergriffig. Meiner Meinung nach, ist es nicht die Aufgabe der Eltern aus Kindern bestimmte Sorten von Erwachsenen zu machen, sondern ihre Aufgabe ist es, sie zu begleiten, sie zu unterstützen, aber sie auch ihre eigenen Fehler machen, ihre eigenen Blessuren holen zu lassen, sie die Konsequenzen des Lebens selbst erfahren zu lassen. Und natürlich geht es auch darum, dass die Bedürfnisse aller (Familienmitglieder) Berücksichtigung finden, weil eben alle gleich wichtig sind. Als Eltern hat man die Verantwortung oft entscheiden zu müssen, welches Bedürfnis jetzt wichtiger ist. Ich finde, das ist manchmal schwierig genug, da muss man dann nicht auch noch an die Zukunft denken und was diese Situation und mein Verhalten möglicherweise für Auswirkungen hat und wie ich möchte das mein Kind irgendwann mal sein sollte. In der Situation zu bleiben und mit dieser so umzugehen, dass Respekt und Liebe und so weiter gewahrt bleiben, das sollte reichen, denke ich.
    Vielleicht sind es nur Korinthen, die ich hier kacke, aber ich finde es doch eine etwas andere Haltung insgesamt, darum wollte ich das mal kundtun. LG und vielen Dank für deinen Blog. Petra

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    1. Hallo Petra,

      wenn zu jederzeit mit Respekt, Empathie, Wohlwollen, Verständnis, Nachsicht, Güte usw. dem Kind gegenüber reagiert werden würde, so wie man es unter Erwachsenen in der Regel auch tut.... vieles was im Umgang mit Kindern getan wird, würde man im Umgang mit Erwachsenen nie tun, da es eben nicht von Respekt, Empathie, Wohlwollen, Verständnis, Nachsicht, Güte usw. begleitet ist.
      Würde dies in unserer Gesellschaft wirklich getan werden, dann könnten Kinder problemlos ihrem inneren Bauplan folgen.
      Doch, ich denke schon, dass wir als Eltern daher die Verantwortung haben auch in die Zukunft zu blicken und unser eigenes Verhalten der Umwelt und dem Kind gegenüber zu reflektieren und zu hinterfragen. Denn wir sind Vorbild für unsere eigene Kinder und werden ihnen viel für ihre Zukunft mitgeben.
      Und ich will damit nicht sagen, dass ich das perfekt beherrsche. Das tue ich nämlich nicht! Ich lerne derzeit viel im Umgang mit meinem Kind... denn als Erwachsener habe bzw. hatte ich viele Eigenschaften die ich nur bedingt an mir schätze/schätzte! Aber auch im Erwachsenenalter kann man jederzeit lernen und umdenken, wenn man es möchte.

      Ja, es ist eine Last, die Verantwortung für unsere Kinder zu haben, immer mit der Sorge wir könnten ihnen nicht das Beste für ihre Zukunft mitgeben und genau daher müssen wir jetzt schon wissen, was wollen wir das sie für ihr Leben lernen und genau das müssen wir auch vorleben. Der Blick in die Zukunft kann daher nicht außer Acht gelassen werden.

      Liebe Grüße, Sabrina

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    2. Hallo Sabrina,

      "Doch, ich denke schon, dass wir als Eltern daher die Verantwortung haben auch in die Zukunft zu blicken und unser eigenes Verhalten der Umwelt und dem Kind gegenüber zu reflektieren und zu hinterfragen. Denn wir sind Vorbild für unsere eigene Kinder und werden ihnen viel für ihre Zukunft mitgeben ....

      .... Ja, es ist eine Last, die Verantwortung für unsere Kinder zu haben, immer mit der Sorge wir könnten ihnen nicht das Beste für ihre Zukunft mitgeben und genau daher müssen wir jetzt schon wissen, was wollen wir das sie für ihr Leben lernen und genau das müssen wir auch vorleben. Der Blick in die Zukunft kann daher nicht außer Acht gelassen werden."

      Ja, da stimme ich dir zu. Wir sollten auf jeden Fall unser eigenes Verhalten reflektieren und hinterfragen. Aber ich frage mich, insbesondere auf deinen letzten Absatz hin, wofür diese Zukunftsorientierung nützlich ist? Inwiefern hilft sie dir im einzelnen Moment eine Entscheidung zu treffen oder dich auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten? Ich sehe so viele Eltern um mich herum, die versuchen immer alles richtig zu machen, die große Sorgen haben, irgendetwas falsch zu machen und dem Kind irgendwie zu schaden. Für mich ist diese diffuse Zukunftsorientierung daran nicht ganz unschuldig. Wir Eltern sind dann nicht mehr im Moment, sondern entscheiden aufgrund einer Zukunft, die noch gar keine Rolle spielt und empfinden aufgrund einer Zukunft, die noch gar nicht eingetreten ist. Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn Eltern sich so unter Druck gesetzt fühlen alles richtig machen zu müssen. Das ist ja auch eine Haltung (alles richtig machen müssen), die man an das Kind weitergibt? Auch wenn natürlich niemand alles richtig macht ...

      Bsp aus meinem Lebensumfeld: Kind (2,5 Jahre) packt die 4. Milch in den Einkaufswagen. Die 3. war eigentlich schon ein Kompromiss meinerseits ("Ok, dann machen wir halt noch mal Milchreis."). Gegen die 4. Milch hab ich deutliche Einwände, sooo viel Milch trinken/essen wir nämlich nicht, die 4. Milch würde garantiert schlecht werden. Dilemma: Mein Werteempfinden gegenüber Lebensmitteln vs. Einpack-und Milchkauflust beim Kind. Ich(!) beschließe, dass das Nicht-Verschwenden von (insbesondere tierischen) Lebensmitteln wichtiger ist als die Lust des Kindes. Aufgrund meiner oben beschriebenen Werte im Umgang miteinander, habe ich Verständnis für den aufkommenden Frust, ich versuche auf mein Kind entsprechend einzugehen. Aber die 4. Milch bleibt im Kühlregal, das habe ich jetzt einfach so entschieden, entgegen jeder Selbstbestimmungstendenz beim Kind. Die Situation ist ja doof genug fürs Kind (und vielleicht auch für mich als Mutter, je nach Reaktion des Kindes ;-)), wenn ich mir jetzt noch Sorgen darüber machen muss, welchen Einfluss diese Situation auf die Zukunft meines Kindes hat und dass es eventuell kein selbstbestimmter Erwachsener wird ... ohje ... das macht doch alles nur noch schwerer.

      Nun meine Frage: Ich vermute, dass auch du gegen Lebensmittelverschwendung bist. Wie würdest du reagieren? Wie würde dir die Zukunftsperspektive helfen, mit der Situation umzugehen?

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    3. Hallo Sabrina, entschuldige, falls ich klinge, als solltest du dich rechtfertigen. Das war nicht mein Anliegen. Ich versuche nur, etwas auf tieferer Ebene zu verstehen. Aber ich kann die Frage natürlich auch mir selbst stellen, also: Was ist der Vorteil, die Dinge so situationsbezogen zu sehen? Ein bisschen habe ich die Antwort darauf ja schon gegeben, werde aber trotzdem noch mal (für mich) drüber nachdenken. Würde mich natürlich trotzdem über eine Antwort von dir freuen. Hatte bloß beim Nochmal lesen den Eindruck, ich würde dich irgendwie bedrängen, was aber nicht meine Absicht war. LG Petra

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    4. Hallo Petra,

      nur keine Sorge, wenn ich keine Lust hätte mich zu unterhalten und auszutauschen, würde ich doch nicht antworten ;)

      Ich verhalte mich nicht nur so, weil ich in den Situationen an die Zukunft meines Kindes denke, sondern weil ich ein Vorbild sein möchte. Ich möchte mein Kind gleichwürdig behandeln und mit Respekt. Ich möchte ihm vorleben, wie auch ich möchte, wie man mit mir umgeht. Und dies sollte sich in all unseren Handlungen wiederspiegeln.
      Ich denke daher, wir müssen uns in unseren Handlungen und beim Umgang in Streßsituationen nicht verstellen oder über mögliche Zukunftsentscheidungen nachdenken, wenn wir einfach vorleben.

      Natürlich wachsen auch wir mit unseren Kindern, natürlich wird es Situationen geben, über die wir nachdenken werden und sie beim nächsten Mal anders angehen würden, weil wir merkten wir hätten es besser lösen können, für uns und auch für unsere Kinder. Aber so geht es uns auch tagtäglich im Umgang mit all unseren Mitmenschen. Es wird Situationen mit Kollegen geben, die wir beim nächsten Mal anders lösen würden.

      Natürlich muss ich als Elternteil auch manchmal meine Autoritätsposition klarstellen und über das Kind hinweg entscheiden, wie auch in denen beschrieben Situationen. Wir werden unseren Kindern in diesem Frust aber beistehen und sie nicht noch auslachen, verspotten oder/ und ihre Gefühle herunterspielen.

      Ich finde allerdings, dass wenn das Kind weiß es kann viel mitentscheiden, es wird mit einbezogen und wird als vollwertiges Familienmitglied geachtet, kommen solche Situationen wenig vor. Also so erscheint es mir im Umgang mit meinem Kind. Diese immer wieder beschriebene böse Trotzphase, mit den unmöglichen Kindern.... kenne ich hier kaum.

      Ich lese gerade ein weiteres Buch von Montessori und dort wird auch beschrieben, müssen Kinder ihre Selbstbestimmtheit, ihre Freiheit, immer wieder verteidigen und rechtfertigen... wird das Wehren gegen solche wirklich notwendigen Autoritäten der Erwachsene nicht besser, sondern gar immer schlimmer. Daher bin ich eben der Meinung, man muss genau schauen, wo setzt man Grenzen, wo sind sie wirklich notwendig, wo kann man das Kind entscheiden lassen.... es lässt ein viel entspannteres und vertrauensvolleres Zusammenleben zwischen Erwachsenen und Kindern zu. Ich bin da ganz bei Maria Montessori.

      Und da wären wir wieder bei obigen Beitrag, wenn ein Kind immer wieder in seiner Selbstbestimmtheit beschnitten wird, dann funktioniert es irgendwann nicht mehr.

      Ich glaube, wir sind uns eigentlich einiger, als es durch das geschriebene Wort wohl zum Ausdruck kommt. Ich würde sicherlich auch keine 4 Pakete Milch kaufen ;)

      Liebe Grüße, Sabrina

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  7. Liebe Sabrina,
    danke für den Beitrag, obwohl er mich nicht wirklich beruhigt, wenn ich an die Kitazeit denke.... Ich finde es schade, dass einige deinen Beitrag so missverstehen. Dabei ist es doch so einfach: Behandle dein Kind wie einen vollwertigen Menschen und achte seine Würde ("Die Würde des Menschen ist unantastbar.", Art. 1 Grundgesetz), dann wird alles gut.
    Natürlich habe ich auch Reibereien mit meinem Kind, aber ich spiele nicht den Macht-Joker aus und sage ihr klar und verständlich, was ich will/nicht will. Verständlicherweise wird sie dann sehr wütend und ich begleite sie dann in ihrer Frustration. Sie beruhigt sich dann recht schnell, WEIL ich sie einbeziehe und nicht herablassend behandle.

    Mach weiter so!
    LG Ngoc

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    1. Hallo Ngoc,

      sehr gut geschrieben und ich bin ganz bei dir!
      Vielen Dank.

      Liebe Grüße, Sabrina

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