Als ich zum ersten Mal schwanger wurde, war da sofort die Angst in mir! Ich muss für die Geburt ins Krankenhaus. Ich hasse Krankenhäuser! Es ist eine Abneigung, die ich in meiner Kindheit entwickelt habe, als wir dort meinen Uropa immer wieder besuchten. Es steht für mich für Krankheit, Tod, alleine im Bett liegen. Kein Ort der Vertrautheit, kein Ort der Geborgenheit. Kein Ort an dem ich mein Kind zur Welt bringen wollte. Aber es gibt ja nur diese Möglichkeit! So dachte ich jedenfalls vor den Schwangerschaften immer!
In der Schwangerschaft begann ich im Internet zu recherchieren. Wie läuft eine Schwangerschaft ab, wie die Geburt. Und plötzlich las ich etwas: außerklinische Geburten! Sowas gibt es? Ich war Feuer und Flamme und saugte alles zu diesem Thema auf, bestellte mir dann gezielt Bücher dazu und hatte schlußendlich zwei wundervolle selbstbestimmte Geburten in meinem vertrauten Zuhause, von welchen ich hier im Blog auch berichtet habe.
Aber was will ich damit nun sagen? In vielen bisher erschienenen allgemeinen Büchern zum Thema Schwangerschaft und Geburt sind außerklinische Geburten komplett ausgeklammert oder werden maximal am Rand erwähnt, dann auch noch mit dem Hinweis, dass diese natürlich nicht so sicher wären. Wer also nicht gezielt nach außerklinischen Geburten sucht oder zufällig, wie ich, darüber stolpert, wird bei der bisherigen Literatur weiterhin im Glauben darüber gelassen, nur im Krankenhaus werden Babys geboren.
Ich finde "Das Geburtsbuch
" von Nora Imlau daher alleine deswegen so großartig, da hier wirklich ALLE Geburtsvarianten beschrieben werden. Außerklinsche, wie klinische Geburten und dabei dann auch noch viele Variationen.
Was ich ebenfalls sehr schön finde ist die grundsätzlich neutrale Herangehensweise an die Beschreibung aller Geburtsvarianten. Es werden die Intentionen der Frauen beschrieben, warum sie sich eine außerklinische oder klinsche Geburt wünschen und wie diese gewählte Geburtsweise laufen könnte. Dieser Teil des Buches wird beschrieben als "10 Wege, ein Kind zur Welt zu bringen" und reicht von der Alleingeburt über die Hausgeburt, hinüber zur natürlichen Geburt im Krankenhaus, über die Wassergeburt, geplante und ungeplante Kaiserschnitte und auch besondere Geburten wie Zwillinge, Beckenentlage, Frühgeburten und auch stille Geburten werden beschrieben. Gerade die Geburt eines toten Babys ist sehr emotional und beim Lesen der Zeilen kullerten mir die Tränen. Sowas sollte niemand erleben müssen und doch gehört es zu den möglichen Geburtsverläufen und ich finde es gut, dass auch dies aufgegriffen wurde.
Wer, wie ich, sehr von der außerklinischen Geburt überzeugt ist, der liest natürlich auch die dafür passenden Argumente aus dem ganzen Buch heraus. Die Autorin fragt nämlich im ersten Teil des Buches "Geburt verstehen" ganz bewusst, ob wir Frauen in der heutigen Zeit das Gebären verlernt hätten? Eine völlig interventionsfreie Geburt dürfen nämlich nur noch 5% der Frauen bzw. deren Babys in Deutschland erleben. Bei allen anderen Geburten, also 95% (!!!), wird in den Geburtsverlauf eingegriffen. Nur etwa 2% der Klinikgeburten laufen ohne medizinische Interventionen ab. Hier stellt sich mir die Frage, wie der Wunsch der Frauen nach einer interventionsfreien klinischen Geburt da überhaupt möglich sein soll?
All diese medizinischen Eingriffe in den Geburtsverlauf haben eins gemeinsam: Sie können, mit Bedacht und massvoll eingesetzt, die Geburt enorm erleichtern und sogar Leben retten. Sie werden aber häufig vorschnell und ohne triftigen medizinischen Grund angewandt, oftmals schlicht wegen "Angst im Raum", und leiten dann schnell eine so genannte Interventionskaskade ein, bei der Eingriff auf Eingriff folgt und der natürliche Geburtsverlauf immer mehr aus dem Gleichgewicht gerät.
Das frühe Eingreifen durch die Kliniken bzw. der Ärzte geht wohl auf deren Ausbildung/Studium zurück. Sie lernen Geburten als medizinisches Ereignis kennen und da nur 2% der klinischen Geburten ohne Intervention spontan geboren werden, fühlen sich die Ärzte in ihrer Einstellung bestätigt! Es ist natürlich nur eine subjektive Wahrnehmung der Ärzte, aber dies verdeutlicht die mittlerweile sehr hohen Interventions- und Kaiserschnittzahlen in den Kliniken.
Für Schwangere wichtig zu wissen ist jedoch, dass nur etwa 10 Prozent aller aus medizinischen Gründen vorgenommenen Kaiserschnitte auf einere absoluten Kaiserschnittindikation basieren. Das heisst, 90 Prozent aller von Medizinern empfohlenen, geplanten und durchgeführten Kaiserschnitte werden aufgrund so genannter relativer Kaiserschnittindikationen durchgeführt, also bei Befunden, die ein erhöhtes Risiko für eine natürliche Geburt darstellen können, aber nicht müssen.
Darunter fallen Geburten, die eine gewisse Erfahrung bedürfen. Zwillinge, BEL, Babys mit hohen Geburtsgewichten usw. Nichts was einen Kaiserschnitt zwingend erfordert, aber da Ärzte Geburten als klinisch sehen, sehen sie natürlich im Hauptgrund auch die Risiken dahinter und lernen selbst auch nicht wie eine natürliche Geburt begleitet werden könnte. Und da immer weniger Ärzte solche Geburten natürlich begleiten, wird das Wissen darum immer weniger werden. Eine Spirale...
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen auch: Mindestens jeder
zweite Kaiserschnitt, der heute in Deutschland vorgenommen wird, wäre
vermeidbar gewesen, wenn die Frau unter der Geburt besser betreut worden
wäre.
Im Grunde möchten fast alle schwangeren Frauen eine natürlich, selbstbestimmte und spontane Geburt erleben. Nur etwa 1,5% der Frauen wünschen sich wirklich von Beginn an, ohne medizinische Indikation, einen Kaiserschnitt. Die meisten Frauen werden daher von einem Kaiserschnitt überrascht. Und nicht häufig wirken diese Geburtsverläufe, ob durch viele Interventionen oder dem ungeplanten Kaiserschnitt stark nach und müssen verarbeitet werden. Auch dies hat Nora Imlau in ihrem Buch aufgegriffen im 3.Teil mit der Überschrift "Verarbeiten".
Ihr seht, ich habe diese Buchrezension sehr stark nach meinen eigenen Erfahrungen zur Geburt aufgebaut. Und hätte ich das Buch vor meinen Geburten gelesen, hätte es mich in meinem Entschluß zur Hausgeburt auch sehr bestärkt. Wie ich aber schon geschrieben habe, Nora Imlau geht sehr neutral an alle Geburtsverläufe heran und stellt auch klar fest, dass "eine nicht natürliche Geburt" sicherlich keine Geburt zweiter Klasse ist, sondern es eben wichtig und richtig ist, bei nicht gesunden Geburtsverläufen entschlossen einzugreifen, um Mutter und Kind zu schützen.
Ein wundervolles Buch, welches ich jeder Schwangeren empfehle, die sich darüber informieren möchte, welche möglichen Geburtsverläufe es geben kann. Die für sich eine Entscheidung treffen will, welche Geburtsweise sie in Betracht zieht und welche Vorbereitungen sie dafür treffen sollte. Natürlich ist fast nichts so unvorhersehbar, wie eine Geburt und unter der Geburt kann sich plötzlich alles ändern, doch es ist bewiesen, je klarer Frauen ihre Wünsche formulieren und sich positiv auf die Geburt einstimmen, desto schöner und zufriedener werden sie ihre Geburt später erleben.
Wünschen wir uns starke, selbstbewusste Mütter, müssen wir also bereits an diesem frühen Punkt ansetzen und die Bedingungen für gute, stärkende Geburten schaffen, aus der Frauen körperlich und seelisch möglichst unverletzt hervorgehen. Denn es ist nicht nur nicht egal, wie wir geboren werden. Es ist auch nicht egal, wie wir gebären. Jede Geburt bringt auch eine veränderte Frau zur Welt.
Ich bedanke mich vielmals beim Beltz-Verlag für mein erhaltenes Rezensionsexemplar "Das Geburtsbuch
" und für das weitere Buch zur Verlosung unter meinen Lesern. Die Verlosung wird auf meiner Facebook-Seite stattfinden. Schaut dort vorbei. Viel Glück!
*Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links
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