Samstag, 11. Juni 2016

Jedes Kind is(s)t anders - über die Beikostanfänge meiner Kinder

Meiner Tochter befindet sich nun im 6.Lebensmonat und damit in der magischen Zeit der Beikosteinführung. Schon seit geraumer Zeit zeigt sie starkes Interesse daran unser Essverhalten nachahmen zu wollen und wurde regelrecht ungehalten, wenn sie mit uns am Tisch saß und nur zuschauen sollte. Sie wollte auch das, was wir da haben. Sie wollte wissen, was wir da tun und dies genauso in den Mund nehmen, wie wir auch.

Ok, dachte ich mir, du bist genauso schnell, wie dein großer Bruder, der zum ähnlichen Zeitpunkt gleiches Interesse zeigte. Ein Birnenkompett, ungesüßt, welchen wir eines Sonntags zu unseren Waffeln dazu essen wollten, wurde seine erste Mahlzeit. Und es war wirklich eine erste Mahlzeit, denn er aß einen Löffel Brei auf den Anderen. Ruckzuck steigerten wir Breimengen und auch erweiterten den Obstbrei, durch den Gemüsebrei und den Milchbrei. 
Der Sohn war ein problemloses Breibaby. Er aß den Brei von Beginn an stückig, ich machte mir keine Arbeit, da irgendwas tot zu mixen. Er aß alle Geschmacksrichtungen und nie spuckte er irgendwas wieder aus oder verweigerte sich beim Essen. Ihm machte es Spaß. Nach wenigen Monaten der Breieinführung stoß ich damals auf BLW. Baby led Weaning. Baby gesteuerte Beikosteinführung. Und zwar nicht in Form von Brei, sondern von Beginn an mit Fingerfood. Richtigem Essen. Maximal gedünstet. Ok, dachte ich mir. Auch das probieren wir aus, immerhin bekam er schon immer Dinkelstangen o.ä. Zwischendurch. Und auch hier war der Sohn ein begeisterter Esser. Er mampfte erst mal etwas Fingerfood und danach gab ich es noch als Brei. Brei und Fingerfood lief also eine Weile parallel, bis ich den Brei auslaufen ließ. Es war immer einfach, wenn er satt war, zeigte er es mir immer sehr deutlich, auch beim Brei-geben. Für mich war Breifüttern selbst auch sehr angenehm, es war keine Kunst und ich fand daran auch garnichts umständlich.

So dachte ich nun auch, werde die Beikost bei der Tochter einführen. Zunächst Brei und dann langsam auf Fingerfood umsteigen. Da sah die Tochter aber anders! Die Beikostreife zeigte sie noch deutlicher als der Bruder selbst. Alles was ich an den Trinken und Essen in die Hand nahm, wollte sie plötzlich auch und zu sich ziehen. Als es Erdbeeren gab, griff sie zielsicher zu und zog meine Hand samt Erdbeere zu sich und zutzelte das Stück aus und das mit großer Begeisterung! Das Startzeichen war also gelegt.
Wie beim großen Bruder auch, kochte ich nun zuerst Birnenkompott, wir hatten sogar wie damals zur Zeit Birnen Zuhause. Mit dem gekochten Kompott setze ich sie zu mir und ließ sie probieren... dieses Gesicht sprach Bände und die Zunge schob alles wieder nach draußen... was tat ich ihr da an?... schien sie sich zu überlegen. Ich dachte zunächst, vielleicht ist dieses Zungenreflex noch nicht ganz verschwunden und probierte es noch ein paar Tage weiter. Nein, Brei wollte sie nicht! Dann gab ich ihr die gleichen Birnen in handlichen Stücken, gab es kein Haltern mehr. Sie wurden angeknabbert, abgelutscht, zermatscht, eingesaugt! 
Sie ist ein Breifrei-Baby. Ein BLW Kind. Brei ist doof! Selbstessen will sie! Wenn man es nicht besser wüsste, wäre es eines dieser Kinder an denen Breikost-Eltern verzweifeln würden, da sie "mäkelig" wäre und man immer wieder Brei vom Kind "abkratzen" müsste, denn es heraus laufen ließe. Nein, das ist nicht schön! Mein Kind entscheidet selbst. So wie der große Bruder ein begeisterter Breiesser war, ist es die Schwester nun eben nicht.

Sie zeigt mir nun ihren Weg, den ich mit ihr gehen werde. Nicht umgekehrt! 

Meine wichtigste Erkenntnis der letzten Abenteuerjahre lautet nämlich folgendermaßen: Es gibt ihn nicht, den einen, einzigen richtigen Weg für alle.
Aber dafür gibt es die Chance, beschwingt seinen eigenen zu suchen.
Kein Wunder, dass der weltweit renommierteste Zusammenschluss von Kinderärzten, die American Academy of Pediatrics, resignierend feststellte: "Die beste Methode zum Beifüttern ist nicht bekannt."


Das Zitat und der Satz "Jedes Kind is(s)t anders" stammen aus dem Buch "Einmal breifrei, bitte!" von Loretta Stern und Eva Nagy*.
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