Freitag, 1. April 2016

Die Hände - Begreifen der Welt

Man kann sagen, dass der Mensch, wenn er einmal geboren ist, laufen wird; und alle Menschen machen exakt den gleichen Gebrauch von ihren Beinen, während wir nicht wissen, welche Tätigkeit die Neugeborenen von heute mit ihren Händen durchführen werden.

Das erste zufällige Greifen! Sie hat ihre Hände entdeckt. Sie kann ihre kleinen Händchen gegenseitig festhalten und ist hochkonzentriert dabei! Sie fühlt ihre Händchen, sie fühlt das sie sich festhält. Sie bewegt ihre zarten kleinen Fingerchen. Sie bewegt ihre Händchen und sie führt sie zum Mund. Sie probiert ihre Finger, ihre Hand, sie erschmeckt und erfühlt sie. Viele neue Erfahrungen die sie nun in sich aufnimmt.

Die Entwicklung der Fähigkeiten der Hand ist beim Menschen mit der Entwicklung der Intelligenz verbunden und - betrachten wir die Geschichte - auch mit der Entwicklung der Kultur. Man könnte sagen, dass, wenn der Mensch denkt, er mit den Händen denkt und handelt. Die Arbeit seiner Hände hinterließ Spuren fast sofort nach seinem Erscheinen auf der Erde.

Wir können also sagen, dass die Hand der Intelligenz, der Spiritualität und dem Gefühl gefolgt ist und dass uns durch die Spuren ihrer Arbeit der Beweis für die Anwesenheit des Menschens überliefert wurde.
Dank der Hände, die die Intelligenz begleiteten, ist die Kultur geschaffen worden: Die Hand ist das Organ, das dem Menschen diesen unermesslichen Schatz bereitet hat.

Was wird sie irgendwann mit ihren Händen tun? Was wird sie erschaffen? Wird sie Bauwerke gestalten, die sie überdauern werden? Oder Kunst? Wird sie forschen und neue Entdeckungen machen? Wir sie heilen? Wird sie helfen? Werden ihre Hände offen sein für die Welt?

Die erste Manifestation der Bewegung ist das Zugreifen. Sobald das Kind irgendeinen Gegenstand ergreift, wird sein Bewusstsein auf die Hand gelenkt, die dazu fähig war.
Das Zugreifen, das zuerst unbewussterweise geschah, wird bewusst.

Vorher wurde es von einer in ihm verborgenen Kraft geleitet, jetzt führt es sein Ich , während sich seine Hände aktiv zeigen. Es ist, als ob das Kind, das die Welt kraft einer unbewussten Intelligenz absorbierte, sie jetzt in die Hand nähme.

Mit seinen ersten Bewegungen beginnt es auch bewusst zu werden. Das bedeutet, dass es mit Hilfe seiner Hände Dinge untersucht und in sein Bewusstsein einprägt, die sein unbewusster Geist zuvor absorbiert hatte. Durch die Erfahrung in der Umgebung überprüft es in der Form des Spiels die Dinge und Eindrücke, die sein unbewusster Geist empfangen hat. Durch die Arbeit wird es bewusst und baut den Menschen auf. Das Kind wird von einer geheimnisvollen, starken Kraft geführt, [...]. Es wird durch das Werk seiner Hände und seiner Erfahrung zum Menschen.

Ich freue mich mit ihr! Ich freue mich für jeden Schritt zu ihrer Unabhängigkeit. Ich werde mit ihr feiern, wenn sie ihren ersten Gegenstand bewusst greifen wird. Wenn sie stolz sein wird, über ihre Erfolge. Ich werde begeistert sein. Ich werde ihr helfen, wo ich kann. Ich werde mich zurück nehmen und sie die Welt entdecken lassen. Mit ihren Händen, mit ihren Sinnen, mit ihrer eigenen Kraft. 

Die Unabhängigkeit ist nicht statisch, sie ist eine ständige Eroberung durch ständige Arbeit und erreicht nicht nur die Freiheit, sondern auch Kraft und Selbstvervollkommnung. Der Hauptantrieb des Kindes ist, selbst zu handeln ohne Hilfe.


* Alle Zitate stammen aus dem Buch "Das kreative Kind" von Maria Montessori (Affiliate-Link)

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