Das Geschwisterkind ist da und plötzlich ändert sich alles! Nicht nur für uns als Eltern, sondern auch für das große Geschwisterkind. Ich kann natürlich nur von zwei Kindern sprechen, denke aber auch, dass die Umstellung für das Erstgeborene immer am Schwierigsten sein wird, denn es hatte als einziges der Geschwisterkinder seine Eltern für eine gewisse Zeit ganz für sich alleine. Niemand war da, dass ihm die Zeit und die Aufmerksamkeit mit seinen Eltern beschränkte.
Diese raumgreifende Veränderung müssen wir als Eltern auffangen bzw. auch viel Verständnis für unsere "Großen" aufbringen, wenn sie sich plötzlich so komplett anders verhalten als bisher.
Wichtig ist wohl die Exklusiv-Zeit mit ihnen. Zeit, in welcher wir ihnen aufmerksam zuhören, gemeinsam mit ihnen alleine etwas unternehmen bzw. generell aufmerksam sind für sie, wenn das kleine Geschwisterchen beim anderen Elternteil ist oder schläft.
Aber was genau bedeutet "aufmerksam sein" für das Kind? Nicht immer ist es einfach nur kuscheln oder mit dem Elternteil alleine sein. Es gibt ganz viele verschiedene Möglichkeiten des "Aufmerksam seins" und das hat "Das gewünschteste Wunschkind" sehr gut beschrieben. Auch der Artikel "Die Entthronung des Erstgeborenen" finde ich sehr hilfreich.
Beim Sohn spiegeln sich viele Arten der Aufmerksamkeit wieder und es ist wie auch in dem Artikel beschrieben, wichtig, dass diese auch alle wahrgenommen und geachtet werden.
Zum Einen ist er sehr erzählfreudig und er merkt es sofort, wenn ich nicht mit meiner vollen Aufmerksamkeit bei ihm bin. "Mama, hörst du mir überhaupt zu?!" Es ist gerade zum Ende des Tages schwierig noch wirklich voll dabei zu sein, wenn man sich eigentlich schon vorstellt, wie toll sich so ein Kopfkissen an der Wange anfühlt...
Viel Aufmerksamkeit zum Reden kann ich ihm daher auf dem Heimweg von Kindergarten geben. Er fährt mit seinem Laufrad neben mir her und ich höre zu oder beantworte die gefühlt millionste Frage. Ich bin dann ganz bei ihm und nicht abgelenkt. Kein Hausarbeit die ich sehe und mich unruhig werden lässt, kein Smartphone in meiner Hand, kein Telefonanruf der mich ablenken könnte. Einfach nur er und ich. Da die Maus im Kinderwagen oder der Tragehilfe schläft, bin ich ganz bei ihm.
Was ich lange Zeit nicht verstanden habe, aber auch in oben verlinkten Artikel sehr gut beschrieben wird, ist die Aufmerksamkeit nach Hilfe. Gerade wenn man sein Kind bei seiner Selbstständigkeitsentwicklung helfen möchte und dieses lieber sagt "Ich kann das nicht!", war ich so manches Mal frustriert. Das war schon immer so, hat also nichts mit einer "Rückentwicklung" durch das Geschwisterkind zu tun. Durch den Artikel habe ich verstanden, dass der Sohn durch diese Hilfestellungen Aufmerksamkeit verlangt und auch bekommt. Es ist nämlich nicht so, dass er es nicht kann. Er könnte sich schon wunderbar selbstständig an- und ausziehen und vieles mehr, verlangt aber doch immer wieder nach Hilfe, die wir ihm eben geben. Manchmal finde ich dies anstrengend, gerade jetzt wenn ich die kleine Schwester in der Trage habe und soll dem Sohn dann noch bei allem möglichen helfen, von dem ich weiß, er kann es. Dann heisst es Zähne zusammenbeißen und daran denken, dass es ihm um Aufmerksamkeit geht, die er benötigt. Es gibt auch genügend Tage, in denen er diese Art der Aufmerksamkeit nicht bekommen kann, gerade wenn die Schwester knatschig ist, daher ist die Zuwendung an den anderen Tagen wieder umso wichtiger.
Mein Sohn ist ein großer Kuschler. Ich umarme ihn im Alltag so oft ich kann, manchmal sind es nur wenige Sekunden, manchmal Minuten. Wie es die Zeit zulässt. Ich sage ihm oft, wie lieb ich ihn habe und was er für ein toller Sohn ist. Genauso oft bekomme ich von ihm gesagt, wie sehr er mich liebt und auch seine Schwester wird oft mit Küssen und lieben Worten bedacht. Abends will er Exklusiv-Kuschelzeit mit mir. Er will mit mir in sein Bett, eine Geschichte vorgelesen bekommen und dann an mir gekuschelt einschlafen. Ich genieße dies ebenfalls sehr. An Abenden, an denen das nicht möglich ist, weil der Papa nicht da ist und die Schwester nicht nehmen kann, ist der Zwerg sehr traurig und ich weiß kaum wohin mit meinem schlechten Gewissen. Wir haben es schon oft versucht mit der Schwester dabei, aber sie wird unruhig, sie schläft beim Stillen auch nicht ein, es funktioniert leider nicht. Der Sohn schläft dann also irgendwann neben mir auf der Couch ein. Im Familienbett funktioniert das Geschichteerzählen und Kuscheln mit der Schwester auch nicht, sobald ich etwas abgelenkt bin, meckert sie. Ich hoffe, dass ändert sich alles noch und wir können auch solche Abende gemütlicher gestalten.
Was der Sohn auch sehr einfordert sind seine Zeiten bei den Großeltern. Dort bekommt er wirklich die ungeteilte Aufmerksamkeit von diesen. Alles dreht sich um ihn und als Enkelchen wird man natürlich verwöhnt und betüddelt. So oft er will und es möglich ist, kann er also bei den Großeltern übernachten und seine Exklusivzeit dort genießen. Das ist natürlich nur ein Bonus für ihn, es bedeutet nicht, dass wir ihm als Eltern dann weniger Exklusivzeit geben müssten, denn für den Sohn und für jedes Kind, ist es wichtig, dass gerade die Eltern für es da sind und es weiß, trotz Geschwister, trotz weniger Zeit, haben mich meine Eltern weiterhin genauso lieb und ich sehe, dass sie versuchen viel Zeit mit mir zu verbringen und gerne mit mir zusammen sind.
Ihr lest also, mein Sohn fordert viele der möglichen Aufmerksamkeitsarten ein. Es ist wichtig zu erkennen, welche Art der Aufmerksamkeit mein Kind einfordert, damit ich auch genau dort auf mein Kind eingehen kann. Mit der richtigen Aufmerksamkeit für mein Kind, kann es Kraft für den Tag tanken und für so manche Tage, die eben nicht rund laufen, an denen die Aufmerksamkeit der Eltern vielleicht vermehrt auf das Geschwisterkind gerichtet sind. Und jedes Kind ist anders, kein Kind ist gleich und deswegen können Kinder nicht gleich behandelt werden. Daher ist es oft so schwierig für uns Eltern zu wissen, was unsere Kinder JETZT brauchen. Ich versuche also mein Bestes zu geben, um den Sohn zu zeigen, wie wichtig er mir weiterhin ist, wie sehr ich die Zeit mit ihm genieße und wie sehr ich ihn liebe. ♥
Wir stecken genau in der selben Situation. Vor ein paar Monaten kam ein kleines Geschwisterchen auf die Welt und mein Sohn hatte Momente, an denen wir beide total durchgedreht sind. Er liebt seine Schwester und macht alles super aber er fordert Aufmerksamkeit. Es ist wirklich schwer dem immer gerecht zu werden, vor allem wenn es mal wirklich nicht geht. Im Moment muss leider jeder etwas zurück stecken. Ich, mein Partner, die Kinder, Hund, Haushalt, Papierkram - es gibt nichts, was nicht mal mehr Aufmerksamkeit gebrauchen könnte :) Im Alltag merke ich oft, dass mir noch vier Arme wachsen müssten :)
AntwortenLöschenAlles Liebe Sina