Dienstag, 8. Mai 2018

Ärzteangst - Über die Zeit und das Vertrauen ins Kind

Die Angst vorm Arzt, wie wir Kindern dabei helfen können, respektvoll und achtsam. Wie wir ihnen Vertrauen schenken, auf sie eingehen und auch abwarten können.
Mein Sohn hat Angst vor Ärzten. Große Angst! Wer meinen Blog schon länger verfolgt, weiß das. Es sind Situationen, die er nur bedingt beeinflussen kann. Menschen, die er kaum bis garnicht kennt. Die ihn Anfassen wollen. Die ihm körperlich sehr nah kommen. Unbekannte Situationen alleine sind für den Sohn schon sehr beängstigend und konnten ihn bisher in jeglicher Mitarbeit hemmen und der Versuch in mich hineinzukrabbeln, sich in mir zu Vergraben, war groß.

Doch es hat sich etwas geändert! Wir hatten in den letzten Monaten eine U-Untersuchung, einen Zahnarzt-Besuch und auch mehrere Besuche beim HNO. Mein Sohn ist gewachsen! Nicht nur körperlich, wie in der U9 festgestellt wurde. Nein, sein Selbstvertrauen in sich, seine emotionale Reife, ist gewachsen.


Bei der Kinderärztin sass ich staunend auf meinem Stuhl. Also wirklich nur auf dem Stuhl. Bisher saß mein Sohn bei jeglichen Untersuchung auf meinem Schoß, ich musste überall mit hin und war eingebunden. Diesmal fand der gesamte Ablauf der Untersuchung ohne mich statt!  Mein Sohn tat alles was die Arzthelferin und Ärztin von ihm wollten. Malen, Zeichnen, hüpfen, balancieren, Gegenstände benennen. Er saß alleine auf der Liege und bestand den Hör- und Sehtest. Er ließ sich komplett von oben bis unten untersuchen... Alles, einfach so. Ich hielt Blickkontakt, um zu beobachten, ob er mich brauchte. Aber er war mit vollem Eifer dabei und quatsche den beiden das Ohr ab. Wahnsinn! Wo war dieser kleine ängstliche Junge geblieben?

Beim Zahnarzt geht er mittlerweile wie selbstverständlich zum Arzt hinein, macht den Mund auf, lässt alles darin kontrollieren. Hier blieb er noch auf meinem Schoß. Die große Liege und das grelle Licht, sind aber auch etwas respekteinflößend. Der Arzt musste allerdings vor einigen Monaten einen Zahn mit Kältespray prüfen, ob der Nerv abgestorben ist oder der Zahn noch lebt... lange Geschichte... und auch das, durfte der Arzt nach kurzer Erklärung, was er nun tun wird, durchführen. Einfach so! Ja, ich sage einfach so! Für manche klingt das so banal, für uns war es das lange Zeit nicht!

Beim HNO ging er sogar völlig alleine zum Hörtest. Wo er bisher auf meinem Schoß saß, ging er diesmal ganz alleine zum Stuhl und ließ sich die Stöpsel ins Ohr stecken, saß da und wartete ab. Da saß wirklich mein so großer Sohn vor mir. Ich ihm gegenüber. Nicht auf meinem Schoß! Dieser neue Blickwinkel zeigt mir, wie sehr er doch gewachsen ist.
Danach gab es diesmal noch einen speziellen Hörtest mit Elektroden, die angebracht werden mussten und der Sohn musste 15 Minuten still auf einer Liege bleiben. Wie selbstverständlich krabbelte er auf die Liege, ließ sich genauso unbeeindruckt die Elektroden anbringen und lag ruhig da.
Im Anschluß ging es dann noch zum HNO-Arzt und auch dort setzt er sich ganz selbstverständlich alleine auf den Stuhl und ließ seine Ohren kontrollieren.

Mich machte das alles so unglaublich sprachlos. Es ist einfach beeindruckend und ich freue mich so sehr für meinen Sohn, der natürlich selbst wahnsinnig stolz auf sich ist, was er da leistet. Was er sich nun traut, welche Ängste er nun überwinden konnte. Die ihn immer zu lähmten und so sehr beunruhigten und weinen ließen.

Mein Sohn hat wirklich sehr viel für sich erreicht und das hat die Zeit gebracht! Die Zeit des Wartens und des Vertrauens. Die Zeit, die wir ihm gegeben haben, nichts an sich machen lassen zu müssen, wenn es nicht zwingend notwendig war. Das Vertrauen ihn die Ärzte konnte damit Wachsen. Die Ärzt, die wir gefunden haben, die unseren Sohn verstehen und alles erklären was sie tun, ebenso auch die Arzthelferinnen. Die es alle auch in Ordnung fanden, wenn unser Sohn an einem Termin nichts an sich machen lassen wollte. Die trotzdem alle nett waren und sich über jeden "Erfolg" mit ihm gefreut haben. Ihm gezeigt haben, dass er ok ist, wie er ist. Die nicht die Augen gerollt haben, die sogar selbst gesagt haben, wir sollen so oft kommen, wie wir möchten. Alle paar Wochen waren wir da, mit jedem Besuch traute sich der Sohn mehr und wir hatten einen Arztkoffer mit echten Materialien Zuhause angelegt, um die Arztbesuche üben und gemeinsam durchspielen zu können.

Ich möchte mit meinen Erfahrungen allen Mut machen, deren Kinder ebenfalls starke Ängste gegenüber Ärzte und Arztbesuche besitzen. Und das auch über viele Jahre hinweg. Wenn wir unseren Kindern vertrauen, ihre Ängste wahrnehmen und sie verstehen, nicht kleinreden und gemeinsam Lösungen suchen und auch auf die Zeit vertrauen, dann wird es irgendwann besser werden. Und ich beschreibe bewusst keine Zeitspanne. Mein Sohn ist nun 5 Jahre. Jedes Kind ist anders, jedes Kind hat einen eigenen Charakter und hat eigene Erfahrungen gemacht. So ist es schwer, sie miteinander zu vergleichen. 

Wichtig ist es, unsere Kinder zu verstehen, sie zu sehen und ernstzunehmen. Wir dürfen ihre Ängste nicht kleinreden. Denn sie sind da und für unsere Kinder real. 

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