Donnerstag, 15. September 2016

Windelfrei? Abhalten? Oder einfach: Jede Windel zählt?

Wegwerf-Windeln
Wegwerf-Feuchttücher
Wegwerf-Unterlagen

Plastik-Windeleimer und parfümierte Plastik-Müllbeutelchen....

Ja, so sah der Beginn aus. Das waren einige der Dinge, die wir damals in der Schwangerschaft mit dem Sohn gekauft und auch eine ganze Weile, ohne uns weitere Gedanken zu machen, verwendet haben. Es war einfach so. Jeder macht das so. Es gab keine Vorbilder oder Eltern, die es anders machten. Bzw. wenn es dann doch mal EINER anders machte, dann runzelte ich und eben auch die anderen Eltern, die Stirn und fragten uns, wieso? Wieso Stoffwindeln? Oder gar windelfrei? Was für eine Arbeit, was für eine Absurdität! Gar ohne Windeln! Da wird ja alles vollgepinkelt und gar noch schlimmeres....

Zum Glück gibt es Internet. Im Word Wide Web lernt man so einige Eltern kennen, die es ANDERS machen. Ob nun unterschiedlichste Erziehungs- bzw. Beziehungsansätze mit den Kindern, als auch Eltern die ihre Kinder tragen, die ihre Kinder mit Stoffwindeln wickeln und solche Eltern, die ihre Kinder sogar abhalten. 

Seit Beginn der Elternzeit und mit dem intensiven Lesen in Elternforen, Facebook-Gruppen und vielen Blogs stolperte ich also immer wieder über diese Themen. Immer wieder las ich also darüber, immer mehr wurde es dadurch nicht mehr absurd und komisch, sondern es schien doch irgendwie auch möglich zu sein und wohl auch garnicht so kompliziert, wie ich zunächst dachte.

Mit dem Sohn begann ich dann doch noch mit den Stoffwindeln. Er war zu diesem Zeitpunkt schon 16 Monate alt. Für mich kein Hinderungsgrund, denn der Leitspruch ist: Jede Windel zählt! Jede Wegwerfwindel, die durch die Verwendung von Stoffwindeln ungenutzt bleibt, ist gut für das Kind und gut für die Umwelt.

Durch diese gemachten Erfahrungen war schnell klar, dass ich die Tochter von Beginn an mit Stoffwindeln wickeln würde und auch das Thema Abhalten schien mir garnicht mehr so undenkbar. Es wirkte für mich wie eine logische Schlußfolgerung. Wer möchte denn schon in seinen Ausscheidungen liegen wollen? Wer wollte es nass am Po? 

Ich versuchte es also nach der Geburt mit dem Abhalten, nach anfänglichen Erfolgen, klappte es aber irgendwie garnicht und durch meine Erschöpfung und der ständigen Verfügbarkeit meiner Tochter gegenüber, ließ ich es dann doch sein. Was ich aber durch das genaue Beobachten feststellen konnte, war doch, dass meine Tochter auf Ausscheidungen in der Windel reagierte und dann unruhig wurde. Sie wollte nicht darin liegen, sie wollte zügig eine frische Windel.  Diesem Wunsch, dieser Kommunikation durch sie, kam ich dann natürlich direkt nach.

Vor Wochen las ich dann wieder öfters über Windelfrei und die Kommunikation mit dem Baby in meiner Facebook-Timeline. Es motivierte mich, es nun doch wieder zu versuchen und ich probierte es erneut.
Immer nach dem Wickeln, hielt ich die Tochter ab und schnell fand ich heraus, morgens nach dem Aufstehen, da klappt es am Besten. Da wird sich direkt von der langen Nach erleichtert und gerade bei Stuhl merkte ich schnell gewisse Anzeichen, die im Vorfeld da waren, wie etwa häufigeres Pupsen. Unruhig sein beim Stillen, plötzliches Meckern, obwohl doch gerade noch alles ok war, nicht einschlafen können, obwohl die Tochter hundemüde ist. Solche Zeichen zeigten, am besten sollte ich sie mal abhalten und tatsächlich wurde ich mit Erfolgen belohnt.
Auch Auswärts bei Freunden am See und bei meinen Eltern Zuhause, habe ich diese Zeichnen nun schon erkannt.

Natürlich klappt das bei Weitem nicht immer, manchmal bin ich nicht schnell genug und nur Pipi erkenne ich irgendwie auch ganz, ganz selten... aber ich sag mir einfach: Jede Windel zählt! Denn auch jede gesparte Stoffwindel schont die Umwelt! Und ich lerne meine Tochter mit jedem Mal etwas besser zu verstehen und ich kann ihr helfen sich zu erleichtern ohne sich selbst beschmutzen zu müssen. 

Von Wegwerfwindeln, zu windelfrei. Das ist schon ein großer Schritt und wie viele Mamis schon in ihren Blogartikeln beschrieben haben, windelfrei ist einfach eine blöde Übersetzung. Wir praktizieren nicht windelfrei. Wir halten ab, wenn es unsere Tochter kommuniziert. Wir versuchen zu beobachten und zu deuten. Wir lernen als Eltern jeden Tag dazu und entwickeln uns mit unseren Kindern weiter.
Wir müssen und sollten nicht erst damit beginnen unsere Kinder zu beobachten, wenn sie im Kleinkindalter keine Windeln mehr tragen möchten und wir verhindern wollen, das die Kleidung nass wird. Die gleichen Beobachtungen könnten wir schon bei unseren Babys tun. Wir haben es leider verlernt, auf diese Zeichen zu achten. Wir haben in unserem Umfeld meist keine Vorbilder, die uns dies zeigen könnten. Viele von uns, stolpern genau wie ich auch, erst im Internet über diese Möglichkeiten und sind damit meist überfordert und trauen es sich aus Unwissenheit nicht. Es wirkt zunächst so arbeitsintensiv, so viel und umfangreich. 

Ich hab mich auch lange nicht getraut, ich dachte an neumodischen Blödsinn und an Arbeit, die ich mir sicherlich nicht zusätzlich noch aufhalsen werde. Gelernt habe ich aber: Mit Stoff zu wickeln, macht mir persönlich keine wirkliche Arbeit mehr. Ich schütze damit meine Kinder, ich helfe der Umwelt. Gelernt habe ich auch, windelfrei muss man nicht so verbissen sehen, mit dem Zwang wirklich windelfrei sein zu müssen. Wir verwenden weiterhin Stoffwindeln und halten ab, wann es passt und ich die Signale meiner Tochter verstehe. Einfach machen, einfach probieren. Von einer abgewunkenen Absuridität zu einer Alltäglichkeit, einfach durch Sichtweisenänderung, durch neue Blickrichtungen, durch Erfahrungen anderer Eltern. Ich mag das Internet und meine Bloggerblase sehr. Ich fühle mich wohl bei den Blogs und den Facebook-Gruppen die ich lese und lerne dazu. Und gerade bei diesem Thema bin ich sehr froh, dass ich meine Einstellung ändern konnte. 

Denn, jede Windel zählt!

12 Kommentare:

  1. So gut, wie man plötzlich selbst einer dieser sonst belächelten "Körnerfresser" ist :)

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  2. Sehr schön geschrieben!
    Ich habe früher auch mit dem Kopf geschüttelt... und dann sind wir auch mit ca 18 Monaten bei Stoffwindeln und abhalten gelandet.
    LG Julia

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  3. Du beschreibst deine Erfahrungen sehr sympathisch.
    Auch "windelfrei" scheinst du nicht ganz so verbissen zu sehen.
    Stodfwindeln finde ich auch eine gute Idee und die hab sowohl bei meiner Tochter als auch in meiner Tagespflege gute Erfahrungen gemacht.
    Allerdings hatte ich jetzt auch Anfragen von Eltern mit 6 und 8 Monate alten Kindern die die Kinder in meine Einrichtung geben wollten, jedoch ganz ohne Windeln.
    Ich musste aus verschiedenen Gründen ablehnen.
    In einer Gruppe habe ich viele Dinge auf die ich achten muss, um den Kindern gerecht zu werden und ich habe für mich entschieden, dass ich diesen Wünschen aus vielen Gründen nicht gerecht werden könnte.
    Ich denke wenn man sich dazu entscheidet,dann sollte man die Möglichkeiten haben das Kind bis es steuern und kurz aushalten kann selbst betreuen.
    Gern begründe ich das.
    Ich wünsche Euch viel Erfolg damit , bedenkt aber auch , dass Kinder vielleicht auch "unbeobachtet" die Welt entdecken wollen.

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    1. Hallo,

      ich kann deine Begründung absolut verstehen! Ich sehe ja schon wie schwierig das ist, das eigene Kind immer richtig zu verstehen und zu erkennen, muss es oder muss es nicht. Mit Tageskindern würde mir das sicherlich auch nicht gelingen, zudem, wie du auch schreibst, so viel gleichzeitig zu tun ist.
      Wie schon geschrieben, hier klappt es eben auch nicht immer, zum einen, weil ich es nicht richtig interpretiere und eben auch, weil ich sie nicht nonstop beobachten kann ;)

      LG, Sabrina

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  4. *Jede* nicht verbrauchte Windel zählt - egal ob Wegwerf- oder Mehrwegwindel. Durch die neuen Superabsorber und die Verbrennungsanlagen mit wirklich guten Filtern haben in den meisten Regionen ja auch Wegwerfwindeln kaum noch wirklich negative Effekte gegenüber dem Waschen von Stoffwindeln (was auch Wasser, Waschmittel und je nach Wohnung auch Wärme für den Trockenraum/Bad/Trockner braucht).

    Trotzdem: Kein Kind will einen nassen oder verklebten Po. Ich kenne wirklich keines. Deswegen sind wir schon beim Sohn auf Billigwindeln gewechselt und werden es bei der Tochter wieder tun - das Kind lernt den Zusammewnhang sehr schnell und äußert relativ klar, wann Bedarf für Töpfchen oder notfalls Windelwechsel besteht. Das hat mich zwar beim Großen einen Stoßdämpfer gekostet (weil ich einfach zu schnell von der Landstraße in einen Waldweg eingebogen bin um es noch zu schaffen) - aber es lohnt sich!

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    1. Hallo,

      ja, grundsätzlich zählt jede Windel, egal ob Wegwerfwindel oder Stoffwindel.
      Aber wie ich unten im Kommentar schon schrieb. Was ist mit den Filtern in den Verbrennungsanlagen, auch die sind irgendwann voll und müssen entsorgt werden und auch de verbrannten Windeln, verbrennen nicht zu 100%, es bleiben Rückstände, die irgendwo eingelagert werden müssen und Kophlendioxid bleibt nicht in den Filtern, sondern geht in die Umwelt.

      Oh, das mit dem Stoßdämpfer ist natürlich doof, aber ich verstehe was du meinst, man wird echt schnell, wenn die Kleinen rufen :)

      Liebe Grüße, Sabrina

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  5. Ich habe zwei ernstgemeinte Fragen die nicht verurteilend wirken sollen: Ist die Umwelt durch das heiße waschen und trocknen der Windeln (evtl. noch bügeln) nicht ähnlich belastet wie bei einer "normalen" Windel? Und zum anderen habe ich erst einmal eine Familie kennengelernt, die Windelfrei (mit abhalten und Stoffwindeln) praktiziert hat und für mich als Außenstehende wirkte es unfassbar anstrengend. Jede Mimik wurde immer und sofort gedeutet UND es hat sich gefühlt alles um den natürlichen Drang des Kindes gedreht. Ständig stand dieses Kind im Mittelpunkt....Für mich wirkte das unnatürlich ungesund.

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    1. Hallo,
      ich habe mein Kind auch gestoffwindelt und seit der Geburt abgehalten. Hier mal mein Gedankengang:
      Jede Plastikwindel verbraucht Wasser bei der Produktion und Wasser beim Verroten (was unfassbar lange dauert), dazu wird das Wasser stark mit Schadstoffen belastet.
      Die Stoffwindel im Vergleich: Braucht Wasser bei der erstmaligen Produktion, Wasser bei jedem Waschgang (60Grad reichen) und Wasser beim Verrotten. Aber: Es ist nicht so schadstoffbelastet. Beim Waschen benutze ich zumindest Öko-Waschmittel und in beiden Windeln sind Fäkalien (an sich problemlos abbaubar) drin, die jedoch in der Stoffwindel wasserlöslich gelagert sind, in der Plastikwindel aber leider nicht.
      Es geht daher weniger um den Verbrauch als um die Qualität des verbrauchten Wassers.
      Ich muss meine Windeln im Trockner trocknen, weil ich gerade keine andere Möglichkeit habe. Aber normalerweise reicht ein bischen Sonne aus, das ist also völlig schadstofffrei im besten Fall. Und ich kenne niemanden, der Stoffwindeln bügelt.

      Und nun zum Windelfrei:
      Bitte sei nicht so hart mit dieser Familie. Möglicherweise hatte das Kind (und die Eltern) grad eine anstrengende Phase. In anderen Entwicklungsstadien stehen zB Wutanfälle hoch in Kurs und alle leben in Angst und Erwartung davor. Doch sowas geht vorüber. Und dann rückt auch dieses Bedürfnis des Abhaltens in den Hintergrund, weil es wieder besser läuft. Wenn es sich so auf das Kind eingefahren hat, kann man auch ruhig mal wieder eine Windel anziehen, damit sich alle entspannen können. Das ist natürlich schon besser für alle, aber auch ich hatte verkrampfte Phasen, bis ich das eingesehen habe! Es kann anstrengend sein, ja. Aber ich finde Kinder erziehen generell unfassbar anstrengend und gleichzeitig bin ich so froh über jeden Erfolg. Mein Kind ist noch keine zwei Jahre alt und trocken. Es hat sich für mich gelohnt. Alles, was ich an Arbeit, Zeit, Liebe und Geduld in dieses Kind gesteckt habe, hat sich unglaublich bezahlt gemacht.
      Gruß,
      zwerg

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    2. Hallo,

      danke zwerg für deine Antwort dazu schon :)

      Stoffwindeln müssen nicht gebügelt werden, im Gegenteil, es schadet sogar der Saugqualität, da die Stofffasern so nicht aufstehen und weniger Flüssigkeit aufnehmen können.

      Ja, der Wasserverbrauch mag vielleicht ähnlich sein, aber das Wasser geht nicht verloren, es wird wieder aufgearbeitet. Die Stoffwindeln werden wiederverwendet. Die Wegwerfwindeln nicht, es müssen immer wieder neue Ressourcen herangeschafft werden, um neue Wegwerfwindeln zu produzieren, ebenso werden sie hier in Deutschland zwar nicht nur auf Mülldeponien gelagert, sondern verbrannt und durch die Verbrennung entsteht wieder nützliche Energie, aber es werden dabei Schadstoffe frei. Einige werden durch Filter aufgefangen, aber Kohlendioxid geht in die Luft. Bei der Verbrennung bleiben immer noch Rückstände, Rückstände die irgendwo für immer und ewig eingelagert werden müssen und auch die Filter müssen mit ihren enthaltenen Giftstoffen irgendwo hin. All dieses giftige und schädliche Zeugs fällt bei Stoffwindeln nicht an bzw. würde man weiter denken, natürlich werden auch irgendwann mal kaputte alte Stoffwindeln entsorgt, bis dahin haben sie aber wahrscheinlich hundert(e) Wegwerfwindeln ersetzt :)

      Liebe Grüße, Sabrina

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    3. Ach, ganz vergessen.
      Wie oben schon geschrieben, ich versuche zu verstehen und zu beobachten, aber es dreht sich hier gewiss nicht alles um die Toilette ;)
      Ich denke je besser man sich aufeinander einspielt, um so einfacher funktioniert natürlich auch die Kommunikation und je entspannter man es angeht sowieso.
      Wenn meine Tochter zufrieden ist und ich nichts merke, dann würde ich sie auch nicht einfach so versuchen abzuhalten und das zwanghaft sehen. Wenn ich merke, sie will nicht einschlafen, sie ist so unruhig, irgendwie alles komisch... dann halte ich mal doch lieber ab und meist war mein Gefühl dann doch richtig.
      Eben einfach alles ohne Zwang und Druck :)

      Liebe Grüße, Sabrina

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  6. PS: Was ist das für ein Töpfchen? Das sieht um einiges parktischer aus als unseres!

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    1. Hallo Zwerg,

      das ist der Einsatz des IKEA-Töpfchens :)

      Liebe Grüße, Sabrina

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