Donnerstag, 17. März 2016

Kinder(-Routinen) ändern sich!

Tagesgestaltungen und Abläufe, die heute noch gut funktioniert haben, können morgen schon zu großen Dramen bei unseren Kindern führen und wir Eltern, vorallem wenn wir dies zum ersten Mal erleben, stehen zunächst ratlos vor dieser neuen Situation.
Fast alle Menschen lieben ihre Routinen. Liebgewonne Rituale und Tagesabläufe werden immer wieder gerne abgespult, weil sie uns mittlerweile so leicht von der Hand gehen und unseren Tag strukturieren und erleichtern.
Auch unseren Kinder oder im Speziellen unseren Kinder, sind strukturierte Abläufe wichtig. Durch diese gestaltet sich ihre Welt und sie finden sich darin wieder und wissen in der Abfolge was auf sie zukommen wird. Es erleichtert ihnen ebenso vieles und sie fühlen sich nicht uns Erwachsenen komplett ausgeliefert, sondern integriert und teilhabend.

Nun wachsen unsere Kinder stetig, nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Sie werden immer selbstständiger und so verändert sich natürlich auch ihr Blickwinkel auf bisherige Routinen. Nach und nach wollen sie vieles alleine machen, sie wollen gerade was die eigene Pflege betrifft keine Übergriffigkeiten, sie wollen wahrgenommen werden und sich sicher sein, dass sie mitentscheiden können.

Von heute auf morgen scheint es uns, ändern sich unsere Kinder und protestieren plötzlich lautstark. Es liegt an uns Erwachsenen hier flexibel zu bleiben. Natürlich lieben auch wir unsere Routinen und es fällt uns oft schwer daran etwas ändern zu wollen. So toll war doch diese bisherige Komfortzone. Hat doch bisher alles wunderbar geklappt, wieso soll man daran nun etwas ändern? Ich bin doch der Erwachsene, ich habe doch die Entscheidungen zu treffen! Wenn ich jetzt nun nachgebe, wenn ich nun andere Wege suche, wenn ich meinem Kind Entscheidungen überlasse.... wird ist dies dann immer verlangen? Werde ich dann noch die "Kontrolle" haben? Werde ich zukünftig immer diskutieren müssen?

Ja, es wird so sein! Natürlich werden wir mit unseren Kindern immer mehr diskutieren müssen! Sie werden älter, sie werden bisherige Regeln und Abläufe hinterfragen. Sie werden wissen wollen, warum und wieso. Und wir müssen uns dann auch immer wieder fragen, wie würde ich mit einem Erwachsenen in dieser Situation umgehen? Hier diskutieren wir auch, hier zählen auch beide Meinungen und hier müssen wir auch gerade in einer Partnerschaft/ in einer Beziehung zu gemeinsame Entscheidungen und Lösungswegen finden.
Nicht anders ist es auch bei unseren Kindern. Zunächst übernehmen wir noch viele Entscheidungen und Abläufe selbst und müssen diese nach und nach abgeben. Manchmal ist das nicht so einfach, denn unsere Kleinen können entweder sprachlich noch nicht sagen, was sie nun möchten oder sie wissen, etwas passt nicht, können es aber noch nicht ausdrücken. 
Gerade diese Zeit ist besonderns schwierig für uns als Eltern, aber auch für die Kinder selbst. Es kann sehr frustrierend sein und manchmal auch viel Zeit und Ausprobieren benötigen, bis neue passende Abläufe gefunden wurden.

Wer kennt das nicht: Plötzlich ist Zähneputzen doof. Sobald das Kind das bisherige Zu-Bett-geh-Ritual erkennt, wird sich verweigert. Morgens wollen sie nicht mehr aufstehen und in den Kindergarten. Das Wechseln der Windeln findet nur unter Protest statt. Haarewaschen wirkt auf die Nachbarn als würden wir das Kind quälen, in der Süßigkeitsabteilung passiert der Supergau, wir wollen heim und das Kind will bleiben und und und.... jeder von uns kann hier sicherlich gefühlt hunderte solcher Szenen beschreiben.

Was sollen wir nun tun? Bei unserem Standpunkt bleiben? Unser Kind zwingen? Eventuell sogar Gewalt anwenden müssen? Wie oben schon geschrieben, wir sollten uns dabei fragen: Würden wir auch mit einem Erwachsenen so umgehen? Gerade körperliche Übergriffigkeiten sind im Grunde nur so lange möglich, wie unsere Kinder klein sind... und dann? Wie wollen wir dann irgendwann mit unseren Teenagern umgehen? Ist ein Umgang/ eine vertraure Beziehung zu ihnen dann noch möglich?

Ich weiß wie schwierig ein Umdenken ist. Vor allem, wenn wir in diesen Stress-Situationen stecken und es einfach keinen Ausweg zu geben scheint. Wir stecken in dieser Abwärtsspirale und wenn wir nur daran denken, dass wir jetzt dies oder jenes wieder tun müssen und das Kind ganz sicherlich verweigern wird, bricht uns schon der Schweiß aus. Ich habe selbst schon einige Routinen mit dem Sohn überdenken müssen. Einige Male musste der Frust bei mir selbst so groß werden, dass ich eine Veränderung suchte und andere Male fand ich die Hilfe durch Tipps von Anderen, ich selbst wäre wohl nie auf die oft simple Lösung gestoßem. Immer wieder klappte, nach teilweise kleinen Änderungen, das Zusammenleben aller wieder viel besser. So plötzlich der Sturm gekommen war, ist dann wieder eine wundervolle Harmonie entstanden. Eben darum, weil ich mein Kind ernstgenommen habe, weil ich den Hintergrund seines Verhaltens wissen wollte. 

Es gibt keine Patentlösungen für bestimmte Abläufe oder Rituale. So unterschiedlich jeder einzelne von uns ist, so unterschiedlich sind die Lösungen die jede einzelne Familie für sich finden muss. Jedes Ratgeber-Buch, jedes Elternforum kann nur Tipps geben, die vielleicht für unsere eigene Situation helfen können, vielleicht auch nicht. Weil vielleicht doch noch ein anderer Beweggrund hinter dem Verhalten unserer Kinder steckt, als wir denken.

Unsere Beispiele:

Bei unserem Sohn belastete mich das morgendliche Wecken und Anziehen für den Kindergarten sehr. Er wollte nicht aufstehen, verweigerte sich, wollte sich nicht anziehen lassen, verweigerte sich. Der Streß von unserer Seite wurde immer größer, je weiter der Zeiger der Uhr wanderte und wir irgendwann wussten, kommen wir nun nicht aus dem Haus, kommen wir zu spät zur Arbeit. Es war eine Abwärtsspirale und konnte nur schlimmer werden, wenn sich nicht etwas änderte. Denn Tip bekam ich dann aus einer Kommunikationsgruppe. Morgens noch mehr Zeit einplanen und auch Zuhause frühstücken, obwohl es ein supertolles Frückstucksbuffet im Kindergarten gibt. Der Zwerg brauchte diese Zeit und vor allem die gemeinsame Zeit morgens, um sich streßfrei auf den Kindergarten vorbereiten zu können. Auch wenn sich in mir zunächst alles sträubte noch früher aufstehen zu müssen, wenn es doch Frühstück im Kindergarten gibt, hat die Veränderung durch mich bewirkt, dass Morgens nun alles sehr harmonisch abläuft. 
Man kann als Eltern hier auf seinen Schlaf bestehen, aber gewonnen hätte man dadurch nichts, außer Streß, Streit und schlechte Laune auf beiden Seiten und einem Kind, welches sich in seinen Gefühlen nicht gesehen und übergangen fühlt. Was zwangsläufig dazu führen wird, dass es auch in anderen Situationen zukünftig nicht kooperativ sein wird, weil es wenigstens irgendwo gesehen werden möchte.

Andere Situation: Das Zähneputzen. Auch hier gab es zwischenzeitlich Protest. Der Zwerg wollte nicht mehr Zähneputzen und ich verfiel zunächst in die elterliche Fürsorgepflicht für gute Zähne verantwortlich zu sein und das die Zähne geputzt werden MÜSSEN. Aber auch hier, Zwang bringt nichts und verschlimmert die Situation nur. Was hat also geholfen? 
Der Hintergrund für das Kind ist wie so oft, gesehen und geachtet zu werden und gerade bei der eigenen Pflege selbst entscheiden zu können. Immerhin bekommt es hier in seinem Mund herumgeschrubbt. Es hilft also allen, auch mal das Zähneputzen sein zu lassen, wenn das Kind wirklich überhaupt nicht will. Oft ist das Kind auch einfach schon hundemüde und wir müssen unseren Tag umstrukturieren, das Zu-Bett-gehen früher einleiten. Es sieht, dass seine Entscheidung respektiert wird. Es hilft, dem Kind zu erklären, warum wir putzen wollen und müssen. Bei manchen Kindern helfen Zahnputzliedern, bei manchen das gegenseitige Putzen, bei manchen einfach nur der veränderte Ablauf an sich. Ich wollte gerne vor dem Umziehen Zähneputzen, damit nicht der Schlafanzug mit Zahnpasta beschmutzt wird bzw. das Tagesoutfit. Der Zwerg wollte sich unbedingt erst umziehen, alles Erklären half da nichts. Ich musste also seinen Weg akzeptieren, wenn ich wollte das er seine Zähne ohne Zwang putzt. Ich werfe seit dem ein Handtuch über ihn und somit wird die Kleidung auch nicht dreckig. Zähneputzen funktioniert seit dem wunderbar! 

Unsere Kinder geben uns immer wieder sehr deutliche Signale, wenn sie etwas geändert haben möchten, wenn sie andere Meinung sind und wenn sie sich unwohl fühlen. Das ist nicht einfach nur "Trotz und Willen durchsetzen wollen". Sie wollen als Mensch wahrgenommen und gesehen werden, sie wollen auch sich und ihre Meinung in das Familienleben einbringen können und das auch sie gleichwürdig sind. Für uns Eltern bedeutet dies oft ein langer Weg des Lernens, denn zu oft steckt in uns noch dieses unwürdige Bild des "kleinen Tyrannen, der alles an sich reißen will". Das ist verdammt noch mal nicht einfach, sich davon zu lösen und wirklich zu verstehen, was sich hinter dem Verhalten unserer Kinder verbirgt. Wir stehen in den betreffenden Situationen oft vor Wänden und finden keinen Ausweg. Auswege gibt es aber immer, nur finden und zulassen müssen wir sie. Wir müssen mit jeder neuen veränderten Situation auch daran denken, dass unsere Kinder täglich wachsen, sich täglich ändern und dadurch eine Änderung von Routinen völlig normal sind. Wir müssen in unserem Denken daher flexibel bleiben und nicht festfahren. Wir werden sehen, dass dann oft vieles einfacher und leichter im Alltag werden wird. 

Habt ihr auch schon solche Situationen erlebt? Ging euch dann auch irgendwann ein Licht auf, was ihr ändern müsst? Habt verstanden was eure Kinder wirklich wollten? Und plötzlich war alles wieder harmonisch?


1 Kommentar:

  1. Wir haben derzeit auch gewisse Probleme-wenn auch nicht direkt mit Routinen. Der Zwerg (16 Monate) will überall nach oben und klettert wild auf allem herum, was nicht seinerseits bei drei auf den Bäumen ist. Leider hat er dabei (verständlicherweise noch) keine Einsicht hinsichtlich der möglichen Gefahren. Erklären hilft nicht und auf ein Nein reagiert er je nach Laune: Ist er gut drauf, dann lacht er und macht weiter (er hat auch schon in solchen Situationen ausgeharrt bis er sicher war, das wir ihn sehen und dann triumphierend gejauchzt), wenn er dagegen gerade nicht so gut drauf ist kommt ein 1a Trotzanfall mit Oberkörper-nach-hinten-werfen oder Beißen (so dass er eben entweder sich oder uns verletzt).
    Unsere Familien sind der Meinung, hier handelt es sich um mutwilligen „Nichtgehorsam“, auf den konsequent „entgegnet werden müsse“ (Hier haben wir fast ebenso „sture“ Diskussionen wie mit dem Zwerg selbst).
    Im Moment versuchen wir es mit einer Mischung aus Ablenkung („Schau mal was ich hier habe“) und Beharrlichkeit (und nochmal runter nehmen mit NEIN) – für ausführliche Erklärungen „Warum“ ist der Zwerg leider noch recht klein („Ich möchte nicht, das du da kletterst, weil ich Angst habe, dass du fallen und dir wehtun könntest“ versuchen wir zwar regelmäßig, doch ohne erkennbaren Erfolg). Aber wir verstehen schon, dass mancher da ins Zweifeln kommt, ob ein gewaltfreier Erziehungsstil wirklich funktionieren kann und es ist erschreckend, für wieviele Menschen ein Klaps noch immer ein probates Mittel zur Lösung eines solchen Problems ist.

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