Freitag, 14. August 2015

Verständnisvoll abgestillt

Als ich mit dem Herzkind schwanger wurde machte ich mir über viele Dinge meine Gedanken. Was möchte ich tun, was möchte ich auf keinen Fall tun.
Stillen wollte ich auf alle Fälle! Ich nahm es mir fest vor und kaufte mir nichts, was mich davon ablenken könnte, wie z.B. eine Dose Milchpulver zur Sicherheit. Da der Zwerg Donnerstags zur Welt kam und somit das Wochenende bevor stand und genau dort hin der berüchtigte Milcheinschuss fallen würde, besorgte mein Mann lediglich ein paar Packungen Quark.
Der Quark wurde dann ungenutzt in einen großen Käsekuchen verarbeitet. Stillen klappte also von Anfang an sehr gut, bis auf die wunden und leicht offenen Brustwarzen mal abgesehen. Das tat wirklich irre weh und ich kämpfte die ersten 8 Wochen damit, aber es war für mich nie ein Grund das Stillen zu beenden.
Zu Anfang wurde ich immer gefragt, wie lange ich denn Stillen möchte und ich antwortete immer mit dem üblichen Zeitraum, den sich viele Mütter setzten: Mindestens 6 Monate... dann beginne ich mit der Beikost und dann mal sehen.
Natürlich kann man sich viele Gedanken vorher machen. Wie es dann nun kommt, weiß man nie. 

Der Zwerg entschied sich mit 4 Monaten starkes Interesse an Nahrung zu zeigen und wir boten ihm nach und nach kleine Mengen an. Er entwickelte sich zu einem sehr guten Esser und relativ schnell konnten viele Stillmahlzeiten entfallen, einfach so. Ich dachte schon, ich würde wohl ruckzuck in diesem Tempo abgestillt haben, aber ich vergass dabei, dass Stillen nicht nur Nahrung ist, sondern auch Seelenfutter. Der Zwerg brauchte das Stillen zum Einschlafen und in vielen unbekannten und für ihn stressigen Situationen um sich zu beruhigen. Auch wenn er sich mal weh getan hat, war Stillen immer das Wundermittel. Einen Schnuller nahm er schon ab dem 6. Monat nicht mehr.

Wir stillten also weiter, ohne darüber nachzudenken, was nun die "übliche Norm" ist, ob wir schräg angeschaut wurden oder ob Kommentare dazu erfolgen würden. Für uns und vor allem für das Herzkind war Stillen wichtig und richtig. 
Und hier muss ich sagen, ein selbstbewusstes Auftreten und ein normaler Umgang mit dem was man tut, erleichtern einem viel. Wirklich negative Kommentare habe ich nie erhalten. Ich denke, viele haben es sich auch einfach verkniffen, da sie wissen, mit mir braucht man über Dinge, von denen ich wirklich überzeugt bin, nicht zu diskutieren. 

So verging also die Zeit. Der Zwerg wurde 1 Jahr, wir stillten. Der Zwerg wurde 2 Jahre, wir stillten weiterhin. AB diesem Zeitpunkt dann aber so gut wie nie in der Öffentlichkeit, maximal bei schlimmen tränenreichem Aua. Er verlangte die Brust eigentlich nur noch zum Einschlafen und auch hier merkte ich langsam eine Veränderung. Hin und wieder schlief er auch einfach so ein und vor allem brauchte er mich nicht mehr dazu. War ich nicht da, war es auch ok.
Auch weiterhin machte ich mir keine Gedanken darüber, wielange wir denn schlußendlich wirklich stillen würden. Denn wie bei so vielem, worüber man sich zunächst Gedanken und Vorstellungen macht, es kommt sowieso anders als man denkt!

Ich wurde im April wieder schwanger. Mit dem positiven Test machte ich mir dann doch Gedanken. Könnte ich mir Tandemstillen vorstellen? Zwei Kinder gleichzeitig an meinen Brüsten? Aber bevor ich mich weiteren Überlegungen hingab, ließ ich es bleiben. Es würde alles so kommen, wie es kommt.

Womit ich allerdings garnicht rechnete, waren schmerzende Brustwarzen. Das kannte ich aus meiner ersten Schwangerschaft garnicht und das abendliche Stillen wurde zunehmend unangenehmer. Langes Nuckeln ertrug ich nicht mehr und ich dockte den Zwerg daher immer schneller ab, sobald er die Äuglein schloß. Manchmal merkte er das natürlich und wollte sofort wieder an die Brust, um wieder einschlafen zu können. Ich musste mir also etwas überlegen und sprach mit dem Zwerg an den nächsten Abenden immer wieder darüber.

Ich erklärte ihm, dass mir die Brustwarzen beim Stillen weh tun, wegen der Schwangerschaft (was er zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch nicht im ganzen Umfang verstehen konnte) und er daher nur kurz stillen kann. Danach können wir ein Buch lesen und kuscheln und zusammen einschlafen. Er verstand es wirklich sehr schnell. Natürlich fragte er auch nochmal nach, wenn ich ihn dann abdockte. Ich erklärte ihm immer wieder, dass es mir weh tut und wir daher nun kuscheln. Die Milch versiegte dann sehr schnell und auch das stellte der Zwerg dann fest und fragte mich, ob ich die Brust nicht wieder auffüllen könnte... auch das erklärte ich ihm dann. Und ohne darüber nachzudenken, schlichen sich die Tage ein, an denen wir garnicht mehr stillten. Plötzlich war eine ganze Woche ohne Stillen vergangen und nur kurz kam es dann zu einem kleinen "Rückschlag", als er Abends doch wieder nach der Brust fragte und als ich verneinte, anfing zu weinen. Ich tröstete und kuschelte und bot im die Brust sogar nochmal an. Aber er wollte nicht, er wusste es tut mir weh und nach kurzem Trösten beruhigte er sich auch wieder und schlief dann ein.
Auch wenn er tagsüber nun hinfällt und sich weh tut, fragt er seit diesem Zeitpunkt nicht mehr nach der Brust, er würde sie auch nicht mehr wollen. Trösten, Pusten und Küsschen auf die wunde Stelle, das möchte er haben und das braucht er. Dann ist wieder alles gut.

Nach nicht ganz 2,5 Jahren geht nun eine wundervolle Stillbeziehung zu Ende und das völlig unkompliziert und schleichend. So habe ich es mir immer gewünscht. Ich konnte meinem Kind zwar nicht die alleinige Entscheidung überlassen, wann für ihn der perfekte Zeitpunkt gekommen wäre, aber ich bezog ihn ein und er hatte Verständnis. Wir konnten uns somit beide in der neuen Situation zurecht finden und neue Wege der Schlafbegleitung und des Tröstens entdecken. 

Ich bin froh, dass ich zwar ungefähre Vorstellungen von der Stilldauer meines Kindes hatte, es aber doch immer auf mich zukommen ließ und dabei auf meine Bedürfnisse und auch die meines Kindes geachtet habe. Wir hatten eine wundervolle Stillbeziehung und ich hoffe sehr, dass sich dies beim nächsten Kind so oder so ähnlich wiederholen wird.


3 Kommentare:

  1. Wunderbar! Genauso, wie es sein sollte (und oft leider nicht ist). Ich freue mich für euch!
    Liebe Grüße!

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  2. einfach nur wunderschön. :-)

    mein Sohn wurde drei, als wir das Stillen gemeinsam beendeten. sein dritter Geburtstag war für ihn Anlass genug, sich plötzlich groß zu fühlen. und ein viertägiger Urlaub drei Monate später half mir sehr beim Loslassen, denn ich habe die Stillzeiten sehr genossen.
    ich hab ein Abschiedsfoto vom letzten Stillen. :-)

    herzliche Grüße und alles gute für die Schwangerschaft.
    Tine

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  3. Das klingt fast so wie bei mir. Schmerzen am Anfang der ersten Stillzeit, und auch leicht, als ich wieder schwanger war, nur war die Große da 16 Monate alt. Dafür ging das Stillen der Zweiten von Anfang an ohne Probleme und Schmerzen. (und bei der dritten jetzt ist es ähnlich:-))
    Wünsche dir alles Gute!
    gruß Hanna

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